Ost-CDU muckt auf

■ Der Einsatz des westdeutschen CDU-Abgeordneten Rupert Scholz für die Alteigentümer verärgert zunehmend die ostdeutschen Parteifreunde

Berlin (taz) – Auslöser der derzeitigen Querelen in der CDU um eine Änderung der Regelungen zur Bodenreform in Ostdeutschland ist offenbar ein Versuch der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, rechtzeitig zur Niedersachsenwahl am kommenden Sonntag dem Schröder-Herausforderer Christian Wulff Schützenhilfe zu leisten.

Seit vergangener Woche schwelt ein Streit in der Union über die Empfehlung einer Arbeitsgruppe der Bundestagsfraktion, unter bestimmten Bedingungen den von den Sowjets enteigneten Alteigentümern Rückkauferleichterungen einzuräumen. Nach Informationen der taz beschuldigen ostdeutsche CDU-Bundestagsabgeordnete den Vorsitzenden der AG, Rupert Scholz, den Zwischenbericht mit der Empfehlung vorschnell veröffentlicht zu haben. Dadurch sei ihnen die Möglichkeit genommen worden, Befürchtungen vieler Ostdeutscher entgegenzutreten, die Empfehlung helfe den oft westdeutschen Alteigentümern, ihre Ansprüche durchzusetzen. „Ein erheblicher Teil der Alteigentümer ist in Niedersachsen konzentriert, da gab es sicher einen Termindruck“, hieß es unter ostdeutschen Abgeordneten mit Blick auf die Niedersachsenwahl. taz-Recherchen bestätigten die Aussage des einzigen ostdeutschen Abgeordneten in der AG Bodenreform, Michael Luther, der AG- Vorsitzende Scholz habe seinen Kollegen die endgültige Fassung des Zwischenberichts vor der Veröffentlichung nicht vorgelegt.

Die CDU-Landesverbände in den neuen Bundesländern zeigen wenig Neigung, das Wahlkampfmanöver zugunsten der niedersächsischen Union mitzutragen. Der Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Berndt Seite (CDU), lehnte das Scholz- Papier als inakzeptabel ab. Der Erfurter CDU-Bundestagsabgeordnete und Thüringer Landesgruppenvorsitzende in Bonn, Norbert Otto, erklärte, Änderungen an der Bodenreform seien in seiner Fraktion nicht mehrheitsfähig. Für die Bundespartei kritisierte CDU-Generalsekretär Peter Hintze, im Zusammenhang mit dem Scholz-Papier gebe es Mißverständnisse. Die Vorschläge des Berichts zielten darauf ab, geltendes Recht von bürokratischen Hemmnissen zu befreien, nicht aber die Regelungen zur Bodenreform grundsätzlich zu ändern.

Ungeklärt ist die Rolle von Mecklenburgs Ministerpräsident Seite beim Zustandekommen des Berichts. Nach Informationen der taz hatte Seite eine Einladung der AG erhalten, seine kritische Haltung vor der Veröffentlichung darzulegen, war aber nicht erschienen. Seites Büro dementiert: „Es gab keine Einladung.“ Harald Ringstorff, der SPD-Fraktionsführer im mecklenburgischen Landtag, sagte der taz: „Wenn zutrifft, daß Herr Seite die Gelegenheit nicht genutzt hat, die Interessen des Landes Mecklenburg-Vorpommern rechtzeitig einzubringen, dann ist das eine Riesensauerei, die ein parlamentarisches Nachspiel haben wird.“ Patrik Schwarz