Die Tauben des Glühbirnentesters

■ Wolfgang-Koeppen-Ausstellung in der Staatsbibliothek

Als „Eisbereiter und Gelegenheitsarbeiter“schlug er sich 1921 in Hamburg durch: der spätere Suhrkamp-Autor und Büchner-Preisträger Wolfgang Koeppen. Der 15jährige hatte der Enge des heimatlichen Greifswald zu entfliehen versucht und als Schiffskoch angeheuert, war aber schon in Hamburg gestrandet. In Berlin folgten erste Schreibversuche als Theaterkritiker: Koeppen saß tagsüber im „Romanischen Café“und lernte in dem Literatentreff Bert Brecht und Egon Erwin Kisch kennen. Nachts arbeitete er als Glühbirnentester.

Im „Dritten Reich“wich er nach seinem literarischen Debut im Jahre 1934 in eine unpolitische Nische aus und schrieb lieber Drehbücher für die Ufa. Denn der Verfasser von Eine unglückliche Liebe gehöre, wie die völkische Literaturkritik damals zeilenreich köterte, schleunigst in ein Arbeitslager.

Erst in der Nachkriegszeit kamen Durchbruch und Anerkennung. 1949 schrieb Wolfgang Koeppen in nur drei Monaten den sozialkritischen Roman Tauben im Gras. Es folgten die Romane Das Treibhaus und Der Tod in Rom, mit dem Koeppen als einer der ersten das restaurative Klima in der jungen Bundesrepublik, einen wiedererstarkenden Konservativismus und weiterwirkende nazistische Tendenzen thematisierte. Allesamt Veröffentlichungen, die zwar Günter Grass als „zu früh erschienen“einschätzte, die diesen schnauzbärtigen Unkenrufen zum Trotz später aber den Ruhm des Autors begründeten und sich bis heute als ungeahnt aktuell erweisen. Koeppen erregte nicht zuletzt mit eindrucksstarken und zugleich feinsinnigen Reiseberichten Aufmerksamkeit, erhielt renommierte westdeutsche Literaturpreise und nach der „Wende“die Ehrendoktor- und Ehrenbürgerwürde seiner Heimatstadt Greifswald.

Die Lebensstationen Wolfgang Koeppens, der 1995 in München starb, kann man jetzt in einer Ausstellung in der Staatsbibliothek abschreiten. Das Koeppen-Archiv der Universität Greifswald hat Leben und Werk in großflächigen Bild-Text-Montagen zusammengefaßt und eine interessante Mischung von Fotos und Dokumenten, Büchern und Gebrauchsgegenständen des Autors ausgebreitet. Selbst Lesebrille, Reisetasche und Schreibmaschine Koeppens sind zu besichtigen. Und der Inhalt einer Vitrine zeigt, daß sich der Schriftsteller vom Hilfskoch und Hungerleider später zum Gourmet und begnadeten Hobbykoch entwickelte. – Literaturliebhaber! Es ist angerichtet!

Kai-Uwe Scholz

Staats- und Universitätsbibliothek, Von-Melle-Park 3, bis 4. April, Begleitbuch 25.- Mark