Das Portrait
: Unser Mann aus Gotham City

■ R. Kelly

Als „strahlenden, aber zurückhaltenden Gewinner“ bezeichnen die Agenturen den Rhythm & Blues-Künstler R. Kelly, obwohl es bei der Masse an Preisen, die R. Kelly bei der diesjährigen Grammy-Verleihung einsackte, für Zurückhaltung überhaupt keinen Grund gab. Neben Bob Dylan war der Mann, der seinen Vornamen stets abkürzt, der Gewinner dieses Abends: Der 1973 in Chicago geborene Kelly wurde ausgezeichnet als bester männlicher R&B- Sänger, für den besten R&B- Song („I Believe I Can Fly“) und auch für den besten Song, der speziell für einen Film geschrieben wurde („Space Jam“ mit der amerikanischen Basketball-Legende Michael Jordan).

Daß der Mann so oft auf dem Podest zu finden ist, ist eine logische Konsequenz des vergangenen Musikjahres: In diesem war es nämlich offensichtlicher denn je, daß sich HipHop und R&B aufeinander bezogen, daß man bei vielen Rap-Alben kaum noch Grenzen zwischen HipHop oder R&B ziehen konnte (und umgekehrt). Letztendlich kann man R. Kelly auch mitverantwortlich für die Preisverleihungen an Puff Daddy (bestes Rap-Album) und Will Smith (bester Solo-Rapper) machen.

In den Staaten ist Kelly schon seit seinem 92er Album „Born Into The Nineties“ einer der angesagtesten R&B-Musiker: Viel Soul, viel Herzschmerz – Kelly macht Musik, von der seine Plattenfirma glaubt, daß alle „Verliebten der Welt“ auf sie warten und sie genauso lieben wie ihre Partner; Musik, die manchmal allerdings an die Grenze des erträglichen geht. Eine seiner künstlerischen Inspirationsquellen scheint wie so oft ödipal strukturiert: „Wenn ich sehr viel arbeite, gibt es Zeiten, in denen ich viel an meine Mutter denke“, sagte er.

Nicht zu vernachlässigen ist auch seine ausufernde Produzententätigkeit für Michael Jackson, Janet Jackson, Toni Braxton, Quincy Jones und andere schwarze Musiker, die hierzulande bekannter sind als Kelly selbst. Doch die Filmindustrie macht's möglich: Erst war es besagtes „I Believe I Can Fly“ für „Space Jam“, dann das nicht weniger anrührende „Gotham City“ für den vierten Batman-Film, Songs, die Kelly auch in Europa zu einem Helden machten. Vor Puff Daddy braucht er sich jedenfalls nicht zu verstecken. Gerrit Bartels