Ost-Puffer will mit West-Akws ins Geschäft kommen

■ Umweltverbände befürchten in Greifswald einen bundesdeutschen Atommüll-Umschlagplatz

Berlin (taz) – Manfred Meurer ist erstaunt. „Hier wird eine Sache aufgebauscht“, so der Sprecher der Energiewerke Nord GmbH (EWN) in Greifswald/Lubmin erregt, „die wir bereits seit sechs Jahren praktizieren.“ Gemeint hat Meurer die Konditionierung, das heißt das Eindampfen oder Einpacken radioaktiver Abfälle, in einer Anlage im ehemaligen Atomkraftwerk Greifswald. Bereits seit 1991 arbeiteten die Lubminer 256 Kubikmeter strahlenden Abfall aus westdeutschen Atomreaktoren auf und schickten den Müll anschließend wieder zurück.

Nun können sich die EWN-Manager offiziell auf größere Aufgaben vorbereiten. Denn das Schweriner Innenministerium hat die Betriebsgenehmigung für das Zwischenlager Nord (ZLN) erteilt. Normalerweise sollte im ZLN nur Strahlenmüll aus den stillgelegten DDR-Atomkraftwerken Greifswald und Rheinsberg landen. Doch das EWN beantragte darüber hinaus noch Platz für 6.700 Tonnen Atommüll aus anderen Anlagen, die sogenannte Pufferlagerung – zu Prüfzwecken sollen die Strahlenbehälter bis zu zwei Jahre in Lubmin bleiben dürfen.

Zeit genug. Denn die deutsche Atomgemeinde drückt ein enormes Entsorgungsproblem. An westdeutschen Akw-Standorten lagern Tausende Tonnen radioaktiven Abfalls. Da denken die Nordostdeutschen marktwirtschaftlich. „Wo moderne Technik steht“, so EWN-Mann Meurer selbstbewußt, „sollte man sie auch nutzen“ – obwohl die CDU-SPD-Koalitionäre in Mecklenburg-Vorpommern klar vereinbarten, nur radioaktiven Schrott aus Greifswald und Rheinsberg in Lubmin einzumotten. Deshalb will SPD-Mann Henning Klostermann eine außerordentliche Landtagsdebatte über diesen „übereilten Schritt“ des Innenministeriums. Diese findet wahrscheinlich am nächsten Donnerstag statt.

Monatlich ein bis zwei Transporte nach Greifswald wären die Folge der Westgeschäfte. Mit den Betreibern der Akws führten die EWN-Manager bereits „Abstimmungsgespräche“, so Meurer, unter anderem mit RWE, denen das hessische Akw Biblis gehört.

Für Umweltverbände und die Greifswalder Bürgerinitiative Kernenergie ist das nur der erste Schritt zu einem „bundesdeutschen Umschlagplatz für Atommüll“. In den jetzt genehmigten sieben Hallen könnten 150.000 Kubikmeter Abfall lagern, so rechnen sie vor. Aus Greifswald und Rheinsberg seien aber lediglich 60.000 Kubikmeter zu erwarten. Die Bürgerinitiative Kernenergie prüft im Moment intensiv, „ob wir gegen die Genehmigung klagen“, so deren Mitglied Rosmarie Poldrack. David Schraven