"Arbeitslos, nicht chancenlos"

■ Mehr als 2.000 Menschen demonstrierten gegen Arbeitslosigkeit. Weil sich DGB und Arbeitslosenverband nicht einigen konnten, gab es statt einer großen zwei Demonstrationen

„Arbeitslos, aber nicht chancenlos“, „ChomÛge – ya basta!“ (Schluß mit der Arbeitslosigkeit!). Mit Sprechchören und Plakaten zogen gestern vormittag mehr als 2.000 Demonstrierende auf die Straße, um anläßlich des zweiten bundesdeutschen Aktionstages auf die Situation der Berliner Arbeitslosen aufmerksam zu machen. „Wir werden unsere Proteste ausweiten, wenn die Politik auf die Forderungen nicht eingeht“, kündigte der Präsident des Arbeitslosenverbandes, Klaus Grehn, an.

Der Arbeitslosenverband und ein „Aktionsbündnis für Arbeit“ hatten anläßlich der Bekanntgabe der neuen Arbeitslosenzahlen zu einer Protestveranstaltung vor das Landesarbeitsamt Berlin-Brandenburg aufgerufen. Die DemonstrantInnen verlangten die Rücknahme der Meldepflicht und des Zwangs für Arbeitslose, Bewerbungen nachzuweisen, sowie tariflich bezahlte Jobs. Außerdem machten sie sich für den Nulltarif im öffentlichen Nahverkehr stark: „Keine Busse für Reiche“ hieß es auf Flugblättern.

Jubel, Pfiffe und „Jawoll!“-Rufe kamen auf, als die RednerInnen mehr Solidarität forderten: „Ich bin hier, um die Arbeitslosen in meiner Familie zu unterstützen“, sagt eine demonstrierende Rentnerin mit Trillerpfeife im Mund. Peter und Klaus, beide 50 Jahre alt und arbeitslos, wollen, daß endlich „jeder Arbeitslose auf die Straße geht. Schon beim ersten Aktionstag war viel zuwenig los.“

Parallel zu den Protesten vor dem Landesarbeitsamt gab es vor dem Haus des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Schöneberg eine weitere Kundgebung mit mehreren hundert TeilnehmerInnen. Denn anders als beim ersten Aktionstag am 5. Februar konnten sich DGB und Arbeitslosenverband diesmal nicht auf eine gemeinsame Veranstaltung einigen. Vom DGB zogen die DemonstrantInnen zum Sitz des Arbeitgeberverbandes in Charlottenburg, um sich dort mit der Protestaktion eines Berliner Jugendbündnisses gegen wachsende Jugendarbeitslosigkeit zu solidarisieren. In dem Bündnis haben sich 21 Jugendverbände von Parteien, Kirchen und Jugendverbänden zusammengeschlossen.

Darüber, daß „Arbeit Lebenssinn und soziale Anerkennung“ bedeutet, wie ein Redner des Aktionsbündnisses vor dem Landesarbeitsamt betonte, war sich auch die Mehrzahl der dort Demonstrierenden einig. „Das ist ein Protest“, sagt Sabine Kleinert vom Aktionsbündnis Arbeitslosenprotest, „der sich ausweiten wird.“ Sie hofft, daß immer mehr Arbeitslose an jedem Fünften des Monats auf die Straße gehen werden. Denn an diesen Tagen sind bis zur Bundestagswahl Proteste geplant. Kerstin Marx