■ Kampf und Spiel der Geschlechter
: Blick zurück nach vorn

„In der Moderne entstand eine Lust am Geschlecht, also eine Lust an der eigenen Männlichkeit bzw. an der eigenen Weiblichkeit, Lüste, deren Leidenschaft aus der neuen Opposition, der Kontrarität der

Geschlechter herrühren. Diese Opposition des modernen Geschlechterkampfes machte sich im 19. Jahrhundert geltend, als die Frauen in ,männliche‘ Bereiche vordrangen. [...]

Männer wurden sich ihrer Männlichkeit zunehmend unsicher. Zuvor brauchten sie sich nur in männlichen Räumen aufzuhalten oder männliche Aufgaben zu erfüllen, um sich männlich zu fühlen. Aber wenn Räume und Funktionen von den Frauen bestritten werden [...] – was bleiben dann für Möglichkeiten, Männlichkeit zu beweisen? Männer mußten etwas tun, was Frauen nicht können.

Bei dieser Ausgangslage [...] gab es nur noch den nackten Körper, um Männlichkeit zu konstituieren. So wurden Sport und Sex zum Zentrum moderner Männlichkeit. Beim Sex, beim Koitus versicherte sich der Mann, daß er mit der Frau etwas machen kann, was sie mit ihm nicht kann: eregieren, penetrieren, in ihr ejakulieren. Die ,sexuelle‘ Lust wurde an die oppositionsmarkierende Form von Männlichkeit gebunden.

Der Geschlechterkampf verliert seine Bedeutung. In Dänemark kann man, wie ich finde, das Geschlechterverhältnis nicht mehr mit den Begriffen und Theorien untersuchen, die in den USA oder Großbritannien besonders vom Feminismus entwickelt wurden, denn die empirischen Verhältnisse entsprechen dem einfach nicht. ,Hegemoniale‘, ,homophobe‘, ,misogyne‘ Männlichkeit auf dänische Verhältnisse zu projizieren, das macht keinen Sinn. Statt Geschlechterkampf gibt es gender games, Geschlechterspiele.“ Henning Bech

Bech antwortet hier in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift für Sexualforschung (Stuttgart 1998) dem Sexualforscher Gunter Schmidt. Das wichtigste Buch des Kopenhagener Soziologen ist When men meet. Homosexuality and modernity (Cambridge 1997).