■ Vorlauf
: Robin Hood im Holocaust

„Auf Leben und Tod – Leon Blat, ein jüdischer Widerstandskämpfer“, Sa., 17.45 Uhr, und So., 22.30 Uhr, Südwest 3

Ein alter Herr steht vor einer schäbigen Häuserzeile im polnischen Sosnowitz. „Ja“, sagt er, „so war es vor 55 Jahren – genau so.“ Dann leise: „Es ist schon komisch, wieder hier zu sein. Ich habe die ganze Zeit versucht, nicht daran zu denken, aber die meisten, die mit mir hier waren, sind seit über 50 Jahren verbrannt.“ Der alte Herr ist der ehemalige Widerstandskämpfer Leon Blat. Gemeinsam mit dem Journalisten Eric Friedler kehrte er erstmals wieder an die Orte seiner Vergangenheit zurück.

Leon Blat wurde 1919 in Polen geboren. Als die Deutschen kamen, mußte er samt Familie ins Ghetto von Sosnowitz ziehen. Der 19jährige ahnte schon, daß der Tod die letzte Station für die polnischen Juden sein sollte. Gemeinsam mit Freunden aus der zionistischen Jugendbewegung gründete er daher eine Widerstandsgruppe.

Ein Freund aus diesen Tagen beschreibt den jungen Leon Blat als eine Mischung aus James Bond, Robin Hood und Baron von Münchhausen. Angesichts der Katastrophe gab er nicht auf, sondern beschaffte Waffen und falsche Papiere, fand Verstecke und organisierte Fluchtwege quer durch Europa. 80 Menschen verdanken Leon Blat ihr Leben. Auf den Fluchtwegen, die er fand, wurden zudem Hunderte von Verfolgten herausgeschleust. Die Deutschen setzten 35.000 Mark Kopfgeld auf die Ergreifung von Leon Blat aus und suchten ihn in ganz Europa. In Budapest wurde er schließlich gefaßt. Und so endete sein Kampf auf Leben und Tod in Auschwitz. Der Film führt den ehemaligen Widerstandskämpfer und mit ihm die Zuschauer zurück in die Vergangenheit. Leon Blat berichtet dabei erstaunlich sachlich über seinen Kampf. Nur während des Besuches in Auschwitz verliert er fast die Fassung. Nach dem Krieg zog er sich zurück und versuchte zu vergessen. Auf die Frage, wie er es damals geschafft hat, nicht den Mut zu verlieren, antwortet er mit einer Zeile aus einem Lied der jüdischen Partisanen: „Verzage niemals, ehe du nicht den letzten Weg gehst.“Barbara Siebert