Staubtrocken bis quietsch-süß

■ Ungarn präsentiert sich auf der Internorga – warum nur?

Gulasch, Paprika, Salami – Ungarns Küche hat noch niemand als leicht, raffiniert oder gar gesund beleidigt. In viel Fett ausgebackene Pfannkuchen, anschließend Fleisch-berge wahlweise mit (Eier-)Nudeln oder Knödeln, und zum Schluß, für Trainierte, ein quietsch-süßes Dessert. Das Volk im Zentrum Europas hat es geschafft, die gewichtigen Nachteile aller benachbarten Küchen in einem Topf zu vereinen. Eben „deftig“, ringen sich Reiseführer ein lobendes Wort ab. „Alles Vorurteile“, wehrt sich das Land ohne Meer. Und präsentiert seine Vorzüge zur Zeit auf der Gastronomiemesse Internorga '98.

Zu der Messe haben ausschließlich Fachbesucher Zutritt. Essenstechnische Laien wie unsereins müssen leider draußen bleiben. Und können sich nur mit bleibenden Eindrücken von Budapest bis Balaton behelfen, soweit sie noch nicht verdrängt sind.

„Frötsch“klingt es etwa noch lange in den Ohren. Frötsch schreibt sich auf ungarisch weit komplizierter und schmeckt so, wie es klingt. Es ist eine Art Weißweinschorle. Mit dem kleinen Unterschied, daß der zugrundeliegende Wein – das bestreiten selbst Ungarn nicht – pur kaum zu genießen ist.

Oder die Törtchen. Hochgepriesen als süßes Relikt der Donau-Monarchie. Also nichts wie rein in eines der nicht minder gepriesenen Kaffehäuser Budapests. Die Jugendstilbauten sind die wahre Freude. Die Auswahl an Törtchen ist beeindruckend: Von klebrig-süß bis staubtrocken ist alles zu haben.

Alles Vorurteile? Zwei Winter-Monate lang war unsereins unlängst täglich zur Nahrungssuche in Budapest, Donauknie und Székeszfehérvár. Einfache und gehobene Restaurants, Straßenimbiß, Café und Mensa – nichts blieb ausgespart. Nach zwei Wochen die Kapitulation: Rein zum Italiener, Spaghetti mit Tomatensoße. Und frischem Parmesan. Es war eine Offenbarung.

Die Messe-Veranstalter loben derweil „die großen Fortschritte der ungarischen Lebensmittelindustrie. So findet man eine Fülle von Tiefkühlprodukten, außerdem Wild, Fisch, Konserven aller Art und natürlich die ganz traditionellen ungarischen Erzeugnisse wie Gänseleber, Salami und Obst.“Ungarns Landwirtschaftsminister Frigyes Nagfy drohte derweil zur Internorga-Eröffnung: „Ich hoffe, daß unsere Produkte in der Zukunft noch mehr Freunde finden.“

Achim Fischer