: Öko-Tips für Schulalltag
■ Fachtagung sollte klären, was die Agenda 21 in der Schule bedeuten kann
Da saßen sie Ende vergangener Woche, achtzig engagierte Agenda-Lehrer, und langsam kroch ihnen die Kälte in die Beine. Herbert Brückner, der Umweltrefernt der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK) hatte ihnen mit seinem Einleitungsvortrag zum Fachtag „Global denken – lokal handeln“kräftig eingeheizt. Irgendwann aber kriegten es auch die Abgebrühten mit: Hundekalt war es hier in der Aula des Wissenschaftlichen Instituts für Schulpraxis (WIS). Ob man nicht doch die Heizung ein klitzekleines bißchen höher drehen könne... Kein Drandenken!, sei die empörte Antwort eines der im Energie-Sparkampf engagierten Lehrers gewesen, erzählt die Veranstalterin des Fachtages Helga Ratjen – später erst sei ihr aufgefallen, daß sie vergessen hatte, die Heizung anzustellen.
„Kalt erwischt“zu werden, gehört zum Alltag der Lehrerin und ihrer Kollegin, die im Bremer Schulalltag für nachhaltiges Wirtschaften kämpfen. Mal so rum, beim Erkennen der eigenen Pedanterien, mal anders rum: Wenn die Schüler sie beim Autofahren erwischen: „Die sind gnadenlos konsequent.“
Aber da kennt die Lehrerin ihre SchülerInnen schlecht. So abgeklärt wie ihre Lehrer sind die auch. Die 11jährige Lena zum Beispiel kennt genau den Unterschied zwischen der politischen Parole und ihrer Realität. Die erste müllfreie Schule Bremens wolle man werden, proklamiert sie mit ihren Klassenkameradinnen aus der 6c am Leibnizplatz gegenüber der Öffentlichkeit: Weg mit den Snickers in der Cafeteria! Aber „natürlich“, gesteht sie froh lächelnd ein, „komme ich ohne eine Schokolade am Tag gar nicht aus.“Macht doch nichts. Die Müllmodenshow, die sie mit ihren Klassenkameradinnen aufführt, ist trotzdem bezaubernd. Und auch ohne letzte Schokokonsequenz lassen sich die Müll- und Energie-Einsparungen an den Bremer Schulen sehen.
Vor allem das „Projekt 3/4“. 100 der 170 Bremer Schulen nehmen daran inzwischen teil. Fast erschlagend erfolgreich ist dabei das Schulzentrum Huchting in der Delfter Straße. Die hatten 1997 Strom/ Fernwärme/ Wasser-Ein-sparungen von 85.000 Mark. Das sind rund 15 Prozent des gesamten Energiehaushaltes. Und zwar ohne Tricks, betont Chemie-Lehrer Georg Drunkemühle: Eine neue Heizungsanlage oder frische Isofenster habe es nicht gegeben.
Entsprechend dem Konzept „3/4“kann die Schule drei Viertel des Betrags selber verwenden. Das Geld soll nun in ein ehrgeiziges Computerprogramm zur Visualisierung des eigenen Stromverbrauchs investiert werden: Ein Monitor im Eingangsbereich, der Schüler und Lehrer ständig auf dem Laufenden hält und Einbrüche im Energiesparprogramm gnadenlos festhält: „Beliebtes Thema bei uns an der Schule“, gibt Drunkemühle ein Beispiel, „Sollen unsere Schüler den Fahrstuhl benutzen oder nicht?“
Nicht das Abholzen der Regenwälder, eher die eigenen Anstrengungen – und der Kontakt zur Partnerstadt in Indien – standen im Vordergrund des Fachtags: Der Austausch von Tips für den Alltag. Die Erziehung steht im Jahr 1998 im Vordergrund der Bremer Agenda – der Beitrag dazu von Bildungssenatorin Bringfriede Kahrs ist die teilweise Freistellung von 11 Bremer Lehrerinnen für die Umwelt- und Entwicklungspädagogik am WIS. Der geplante Teil-Abzug der Hausmeister von den Schulen hingegen würde diese Arbeit konterkarrieren, betont die Welt/Umweltkunde-Lehrerin Helga Ratje. Ohne die Hausmeister könne man das Energiesparen vergessen.
Aber auch dies gehöre zur Agenda-Lehre: Die Widersprüche konkret zu erfahren. „Zum Beispiel, wenn wir brav unseren Müll in die gelben Säche schmeißen und dann werden sie bei Klöckner in die Müllverbrennung gebracht.“Wenn die Schüler das mitkriegen, dann kämen sie auch mal weg von der eigenen Nase hin zur Diskussion um globale Strukturen. ritz
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