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Kein Wechsel für den Bundestag

■ Kröning (MdB) setzte sich gegen Wolfgang Grotheer durch

Der Versuche, die Bundestagsabgeordneten in den beiden Stadtbremer Wahlkreisen durch neue Kandidaten zu ersetzen, sind auf dem Bremer Unterbezirksparteitag der SPD gescheitert – knapp mit 108 gegen 92 Stimmen im Wahlkreis 50 (Bremer Osten), in dem gegen Volker Kröning der UB-Vorsitzende Wolfgang Grotheer angetreten war, deutlicher mit 163:35 im Bremer Westen (Konrad Kunick gegen Wolfram Kaiser).

Die Auseinandersetzung Kröning-Grotheer war der spannendste Punkt des Parteitages, der ganz von Wahlvorgängen geprägt war. „Seit 16 Jahren haben wir erstmals die Chance, zu siegen“, stellte sich Kröning ganz staatsmännisch als Bonner Politiker vor, die SPD müsse „zeigen, daß wir auf eine Regierung vorbereitet sind“. Und Kröning empfahl sich als erfolgreicher Wahlkämpfer: Schon 1994 habe er das einzige Überhangmandat der SPD in Westdeutschland errungen. Als früherer Bremer Finanzsenator sitze er im Finanzausschuß, dort also, wo in Zukunft auch einmal über neue Sanierungszahlungen beraten werden könnte. Die Lage sei heute „schwieriger als 1992/3“, zeigte sich Kröning skeptisch. Wenn Bremen nicht ein extrem finanzschwaches Land bleiben soll, müsse eine Finanzreform her.

Gegen diese geballte Bonn-Kompetenz hatte es Wolfgang Grotheer, der gerade mit übergroßer Mehrheit wiedergewählte Unterbezirks-Vorsitzende, schwer. „Ich bin kein Berufspolitiker“, räumte er ein, er wolle seine beruflichen Erfahrungen als Bremer Amtsrichter einbringen in den Bundestag. Und die Sanierung? Da setzt Grotheer ganz auf Lafontaine und die Zeit nach den Bundestagswahlen: „Die Achse Saarland-Bremen halte ich für wichtig.“

Die Debatte schien für Kröning gelaufen, aber da griff der frühere Bremer Bürgermeister Klaus Wedemeier ein, der auch ohne Delegiertenmandat für diesen Punkt gekommen war. Mucksmäuschen still wurde es im Saal, alle wußten, daß Wedemeier sich schon im Vorfeld vehement gegen Kröning ausgesprochen hatte. Alt-Bürgermeister Koschnick hatte dagegen schriftlich für Kröning interveniert. Jeder SPD-Kandidat bisher hätte diesen Wahlkreis erfolgreich erobert, schmälerte Wedemeier die persönliche Erfolgsbilanz seines früheren Finanzsenators Volker Kröning. Kröning sollte „die Lauscher auch in die Partei stellen und nicht in die Wohnungen“, ging Wedemeier seinen Intimfeind an. Grotheer sei „der richtige Kandidat“, weil er für die sozialpolitischen Themen stehe und im Lagerwahlkampf gegen die CDU auch als Person glaubwürdig sei: „Das muß zueinander passen.“

Nach einer heftigen Personaldebatte schien die Stimmung im Saal dann klar gegen Kröning zu stehen, um so überraschender das Ergebnis 108:92. Aber das Stimmverhalten vieler Delegierter schien auch in dieser Personlentscheidung vorher weitgehend festgelegt: Die Unterbezirksdelegierten hatten ihren Vorsitzenden mit überwältigender Mehrheit in seinem Parteiamt bestätigt und ließen ihn nun als Bundestags-Kandidaten durchfallen.

Als das Ergebnis bekannt gegeben wurde, brauchte der Sieger noch eine Schrecksekunde, um die Spannung des Tages von sich abzuschütteln und die Freude in seinen Gesichtzügen zuzulassen. K.W.

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