"Wer ist eigentlich Elmar Schmähling?"

■ In den Cafes in Prenzlauer Berg werden dem Direktkandidaten der PDS für den Bundestag schlechte Chancen eingeräumt. Bedenken wegen seiner Vergangenheit als Bundeswehradmiral und Zweifel an Kenntnis v

„Schmähling, ein Politiker?“ Der Rentner am Helmholtzplatz zuckt mit den Schultern. Auch die Gattin kann nicht wirklich weiterhelfen. „Wir kennen Max Schmeling, Sie wissen schon, den Boxer“, mischt sie sich ein. Daß der Boxer Schmeling nicht derjenige sein kann, der im Herbst als PDS-Direktkandidat zur Bundestagswahl in Prenzlauer Berg und Mitte antritt, ist den beiden klar. Bleibt die Frage: Wer ist Schmähling, Vorname Elmar – und: Was will er?

Der Ex-Bundeswehroffizier und Geheimdienstchef a.D. aus dem Westen, den die PDS nach langem Hin und Her als Bundestagskandidaten für den Wahlkreis Mitte/Prenzlauer Berg aus der Taufe gehoben hat, sorgte in den letzten Tagen für bundesweite Aufmerksamkeit. In „seinem“ Kiez dagegen scheint Gysis Geheimwaffe noch niemanden zu beeindrucken. Einige kennen ihn überhaupt nicht, auf andere wirkt seine Kandidatur „ein wenig merkwürdig“ bis „voll daneben“.

„Ich weiß nicht, ob so ein No- name-Kandidat der PDS förderlich sein kann“, wiegelt Carmen (33) ab. Angela Marquardt zum Beispiel hätte sie sich anstelle des 61jährigen vorstellen können, den sie schon allein wegen seiner Bundeswehrvergangenheit als „ziemlich fehl am Platz“ empfindet. Bedenken hegt sie außerdem bezüglich dessen politischer Kompetenz: Noch wohnt sie zwar selbst nicht in Prenzlauer Berg, sondern in Friedenau. Aber ob sich Schmähling für die hier herrschenden Probleme wie etwa die hohe Arbeitslosigkeit glaubhaft einsetzen kann? Carmen zieht die Augenbrauen hoch.

Keinen Zweifel an seiner Meinung zum neuen PDS-Kandidaten läßt der Mann in Lederjacke, der gerade aus der Kneipe um die Ecke kommt: „Die müssen einen Knall haben“, empört er sich und schwenkt eine Zeitung mit den neuesten Informationen. Zwar wählt der 48jährige, der seit 25 Jahren in Prenzlauer Berg lebt, nach eigenen Angaben nicht PDS, weil die Partei „aus der SED hervorgegangen ist“. Gleichwohl glaubte er bisher, daß die PDS manchmal „gute Ideen vertritt“. „Als Wessi und ehemaliger General hat der hier keinen Rückhalt“, ist sich der Kiezbewohner sicher, während Mike (31), der gleich zwei Straßen weiter wohnt, dem General a.D. mitunter sogar seine Stimme geben würde. Ein Wessi, der Politik macht im Osten? „Na und?“, sagt Mike, „Ossis sind ja schließlich auch in der CDU.“

In den Cafés um den Wasserturm scheinen an diesem Morgen zwischen Cornflakes und Caro- Kaffee andere Themen als die PDS-Kandidatur im Vordergrund zu stehen. Doch auch hier macht man sich so seine Gedanken. „Mich hat diese Nominierung sehr überrascht“, sagt Stefan (31), „und ich finde das eine sehr bedenkliche Art, Kandidaten aufzustellen.“ Daß der Kandidat aus dem Westen auf Fragen nach bestimmten Ost- spezifischen Themen vor laufenden Kameras passen mußte, findet Stefan bedenklich. Freundin Monika, die in Mitte wohnt, nickt. „Dadurch, daß Schmähling so plötzlich bei der PDS aufgetaucht ist, ist er überhaupt nicht einschätzbar“, sagt sie. Für beide stellt sich die grundsätzliche Frage, ob eigentlich nach Personen oder nach Themen gewählt wird. „Stefan Heym hat ja vor vier Jahren auch durch seine Popularität gewonnen“, wirft Monika ein.

Uwe Thiele (31) hat seine Stimme damals für den Schriftsteller aus dem Osten abgegeben. „Das war ein Gag“, sagt er, „und jeder wußte das.“ Thiele findet, daß die PDS „große Namen braucht“, um hier wieder den Sprung in den Bundestag zu schaffen. „Die jetztige Nominierung ist ein totales Eigentor“, sagt er. „Aber vielleicht schafft es die Partei ja, Schmähling im Kiez populär zu machen. Bis zur Wahl ist es ja noch ein halbes Jahr.“ Kerstin Marx