■ Mit Ahauser Schulen auf du und du
: Wildwest in Castorhaus

Münster (taz) – Trotz offizieller Beteuerungen aus dem zuständigen Regierungspräsidium Münster, die Ahauser Schulen wegen des Castor-Transports nicht zu schließen, können sich die SchülerInnen der westfälischen Kleinstadt auf vorgezogene Osterferien einstellen. Durch die geplante Einrichtung großräumiger „Sicherheitszonen“ um den Bahnhof und die nach Ahaus und von dort zum Zwischenlager führenden Bahngleise wäre eine großangelegte Umleitung von Schulbussen und die Verlegung von Haltestellen notwendig.

Für eine solche Maßnahme wurde bisher aber noch kein Konzept vorgelegt. Inoffiziell hören Ahauser BürgerInnen von Polizisten, für die Umleitung von SchülerInnenströmen sei die Stadt zuständig. Dort allerdings heißt es, ebenfalls nicht amtlich, das sei Sache der Einsatzkräfte.

„Die Eltern wissen bis heute nicht, auf welchen Wegen ihre Kinder am Tag X zur Schule gehen dürfen“, berichtet Heike Vellguth, Vertrauenslehrerin an einem Ahauser Gymnasium. Das Problem: „Castorhaus“, wie manche BürgerInnen ihre Stadt nun nennen, wird durch genau jene Bahnlinie zweigeteilt, über die der Atommüll zum Bahnhof rollen muß, um von dort über ein Privatgleis Richtung Zwischenlager weitertransportiert zu werden. Tausende SchülerInnen müßten quer durch die Sicherheitszonen marschieren, um zu ihren Schulen zu gelangen: vorbei an uniformierten Hundertschaften, die Sperrzonen sichern, in die gleichzeitig Tausende Protestierende einzudringen versuchen, während sich zusätzlich Hunderte JournalistInnen samt Übertragungswagen dazwischendrängen. „In einer solchen Ausnahmesituation bestünde besonders für jüngere Schüler eine hohe Unfallgefahr“, warnt Heike Vellguth. Vor allem bei jüngeren SchülerInnen befürchten die Eltern traumatische Erlebnisse, wenn die eigene Stadt sich in einer Art Belagerungszustand mit dröhnenden Hubschraubern und Tausenden Polizisten befindet.

Möglicherweise ist genau das gewollt, vermutet eine Ahauser Bürgerin. „Wenn versucht wird, den Unterricht durchzuziehen, provozieren die Verantwortlichen Chaos und Unfälle, für die interessierte Kreise anschließend die Bürgerinitiative verantwortlich machen werden.“ Selbst eine Ordensschwester und Lehrerin des katholischen Gymnasiums am Ort vertraut nicht allein auf Gottes Hilfe. Am Tag X, riet sie den SchülerInnen, sollten diese mehr Brote mitbringen. „Falls wir in die Schule rein-, aber nicht mehr rauskommen.“ Werner Paczian