Offener Brief an Präsident Chatami: „Lassen Sie Sarkuhi reisen“

„An Seine Exzellenz Ayatollah Mohammad Chatami, Präsident der Islamischen Republik Iran.

Seit zwei Jahren hat der iranische Schriftsteller Faradsch Sarkuhi seine Frau Farideh, seine Tochter Bahar und seinen Sohn Arasch nicht gesehen. Sie leben in Berlin, er in Teheran. Mehr als ein Jahr dieser Zeit verbrachte Sarkuhi im Gefängnis. Seit wenigen Wochen ist er auf freiem Fuß. Doch mit Entsetzen haben wir erfahren, daß iranische Behörden ihm die Ausstellung seines Passes verweigern und damit die Reise zu seiner Familie unmöglich machen. Wir wissen, daß Sarkuhi, dessen Gesundheitszustand sich im zurückliegenden Jahr stark verschlechtert hat, nichts sehnlicher wünscht, als seine Frau und seine Kinder zu besuchen.

Daher appellieren wir an Sie, Ihr Menschenmöglichstes zu tun, um bürokratische Hürden zu überwinden und Sarkuhi die Reise zu seiner Familie zu ermöglichen. Wir, Orientalisten, Schriftsteller und Journalisten, sind bemüht, Konflikte zwischen der westlichen Kultur und dem Islam durch das Werben um gegenseitiges Verständnis auszuräumen. Wir sind der Überzeugung, daß eine unbürokratische Praxis bei der Erteilung einer Reiseerlaubnis für Faradsch Sarkuhi dies erheblich unterstützen würde.

Sie gelten als Hoffnungsträger der iranischen Intellektuellen. Daher bitten wir Sie: Setzen Sie sich persönlich dafür ein, daß Faradsch Sarkuhi möglichst bald seine Familie besuchen darf.

Hochachtungsvoll,

Franz Alt, Journalist, Baden-Baden; Tomas Avenarius, Auslandsredeaktion Süddeutsche Zeitung, München; Brigitte Burmeister, ,Writers in Prison‘ des PEN; Prof. Dr. Friedemann Büttner, Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin; Sabine Christiansen, freie Autorin und Journalistin, Berlin; F. C. Delius, Schriftsteller, Berlin; Deutsches PEN-Zentrum Ost, Berlin; Deutsches PEN-Zentrum West, Darmstadt; Thomas Dreger, Auslandsredaktion die tageszeitung, Berlin; Freimut Duve, Journalist, Hamburg; Hans-Magnus Enzensberger, Schriftsteller, München; Prof. Dr. Hajo Funke, Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin; Günter Gaus, Pu-

blizist, Hamburg; Ralph Giordano, Schriftsteller, Köln; Günter Grass, Schriftsteller, Lübeck; Karl Grobe-Hagel, Leiter der politischen Redaktion der Frankfurter Rundschau, Frankfurt; Dr. Claus-Peter Haase, Orientalist, Universität Kiel; Rainer Hachfeld, Autor und Karikaturist, Berlin; Dr. Kai Hafez, Deutsches Orientinstitut, Hamburg; Prof. Dr. Peter Heine, Zentrum moderner Orient, Berlin; Prof. Dr. Gerhard Höpp, Zentrum moderner Orient, Berlin; Walter Jens, Schriftsteller, Tübingen; Prof. Dr. Petra Kappert, Orientalistin, Universität Hamburg; Navid Kermani, Orientalist, Universität Bonn; Hans-Helmut Kohl, Redaktionsleitung Frankfurter Rundschau, Frankfurt; Prof. Dr. Gudrun Krämer, Orientalistin Universität Berlin; Dr. Wolfgang Labuhn, Zeitfunk Deutschlandfunk/Deutschlandradio, Köln; Ulrich Leidholdt, Westdeutscher Rundfunk 2, Wellenredaktion, Köln; Dr. Heribert Prantl, Ressortleiter Innenpolitik Süddeutsche Zeitung, München; Dr. Michael Rediske, Chefredakteur die tageszeitung, Sprecher von Reporter ohne Grenzen, Berlin; Dr. Joachim Sartorius, Vorstand Goethe Institut, München; Prof. Dr. Annemarie Schimmel, Orientalistin, Universität Bonn, Trägerin des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels; Rajvinder Singh, ,Writers in Prison‘ des PEN; Prof. Klaus Staeck, Graphiker, Heidelberg; Lutz Tillmanns, Journalist und Rechtsanwalt, Bonn; Günter Wallraff, Journalist, Köln; Martin Walser, Schriftsteller, Nußdorf; Prof. Dr. Stefan Wild, Orientalist, Universität Bonn; Christa Wolf, Schriftstellerin, Berlin“.