„Der Fall Bascha Mika“ oder: Warum eigentlich nicht?

Buchhändlerinnen werden sie im Schaufenster nebeneinander ausstellen, Journalistinnen werden sie vergleichend rezensieren. Leserinnen werden womöglich noch vor dem Kauf die Frage entscheiden müssen: Welche Wahrheit will ich lesen? Denn die Lebensgeschichte der Alice Schwarzer gibt es jetzt gleich doppelt: in einer autorisierten und einer unautorisierten Fassung.

Mehr als ein Jahr hat Bascha Mika an ihrer Rowohlt-Biographie über die Grande Dame der deutschen Frauenbewegung recherchiert und geschrieben. Ohne je mit Alice Schwarzer reden zu können, die trotz mehrerer Anfragen für ihre Biographin nicht zu sprechen war. Das mag verständlich sein, denn Bascha Mika hatte schon einmal über die Ikone der Frauenbewegung geschrieben. „Retten Sie sich vor Alice!“ hieß das taz-Portrait zum Internationalen Frauentag 1996. Es war nicht eben eine Laudatio gewesen.

So ist es also eine Biographie geworden, die ohne die Unterstützung der Biographierten auskommen mußte. Darf man so etwas tun? Oder hätte Mika ihr Projekt aufgeben, es einer anderen – Schwarzer genehmeren – Kollegin überlassen müssen, den Lebensweg der Emma-Herausgeberin nachzuzeichnen?

Anna Dünnebier und Gert von Paczensky waren Alice Schwarzer genehm. Soeben erschien bei Kiepenheuer & Witsch „Das bewegte Leben der Alice Schwarzer“. Eine Biographie, auch das. „Dieses Buch wäre wohl nicht jetzt entstanden, wenn es da nicht eine zweite Biographie gäbe“, heißt es im Editorial der jüngsten Emma. Schwarzer adelte das Dünnebier-und-Paczensky-Projekt mit ihrer fürsorglichen Mitarbeit. Die AutorInnen bedanken sich im Vorwort mit kleinen Artigkeiten („Gegen ihre Leistung verblassen ihre Schwächen“) und dem Hinweis, der Feministin seit zwanzig Jahren freundschaftlich verbunden zu sein.

Den zweiten Teil ihres Buches widmen sie Alice Schwarzers „Kritikern und Gegnern in den Medien und anderswo.“ Bascha Mika ist ein eigenes Kapitel zugeeignet. Überschrift: „Der Fall Bascha Mika oder wie ein taz-Star Leser irreführt.“ Der Stern brachte die Bestimmung des KiWi-Buches auf den Punkt: Es ist eine „Gegendarstellung“, die noch vor ihrem Anlaß auf den Markt kam.

Nun gibt es also zwei Perspektiven auf das Leben der Alice Schwarzer. Eine aus nächster Nähe, eine aus kritischer Distanz. Die beiden Biographien werden in den nächsten Wochen Diskussionen aufwerfen.

Noch vor dem Erscheinen der Mika-Biographie hat Alice Schwarzer in Emma die Tonlage vorgegeben: „Ich bin nur die erste, mit der man so verfährt. Andere werden folgen“, wird sie im Editorial zitiert. Und dann heißt es in fetten Lettern: „Es ist höchste Zeit, über die Verantwortung der Medien für die Menschen zu reden.“

Im letzten geht es um die Frage: Ist das Private politisch? Wir dokumentieren hier einen längeren Auszug aus Bascha Mikas Buch, der sich explizit mit dieser Frage auseinandersetzt. Und mit den Antworten, die Alice Schwarzer gibt. Für sich und für andere.„Es gibt kein Privatleben!“ ist dieses Kapitel überschrieben. Es ist ein Satz von Alice Schwarzer. Klaudia Brunst