Iraks B-Waffen-Chef eingekerkert

■ Der Wissenschaftler wollte sich angeblich aus Bagdad in den Westen absetzen. Für den Fall eines Angriffs gegen den Irak soll Saddam Hussein den Einsatz des Milzbranderregers Anthrax in ihm feindlich gesonn

New York/Bagdad/London (AFP/AP/taz) – Der „Vater“ des irakischen B-Waffen-Programms sitzt in Bagdad im Gefängnis. Nasser Hindawi habe sich in den Westen absetzen wollen und sei vorher verhaftet worden, berichtete gestern die New York Times unter Berufung auf den irakischen UN- Botschafter Nisar Hamdun. Nach Darstellung der Zeitung bedeutet die Festnahme auch einen Rückschlag für die Experten der UN- Sonderkommission zur Zerstörung der irakischen Massenvernichtungsmittel (Unscom). Bisher hatten sie mit Hindawi nur im Beisein von irakischen Geheimdienstlern sprechen dürfen. Von einer Flucht des Wissenschaftlers hätten sie sich Informationen über Iraks Waffenprogramm erhofft. Über Hindawis Festnahme wurde die UNO laut Hamdun bereits Anfang März informiert.

Unscom-Chefinspekteur Richard Butler setzte unterdessen seine Gespräche mit Vizeministerpräsident Tarik Asis in Bagdad fort. Gestern trafen 18 UN-Diplomaten in der irakischen Hauptstadt ein. Laut der von UN-Generalsekretär Kofi Annan am 23. Februar in Bagdad mit Iraks Staatschef Saddam Hussein ausgehandelten Vereinbarung, sollen die UN-Inspekteure bei der Durchsuchung irakischer Präsidialanlagen begleiten. Unter den Diplomaten sind Vertreter der fünf ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats – USA, Rußland, China, Großbritannien und Frankreich – sowie Deutschlands. Butler war am Sonntag zu seinem ersten Besuch im Irak seit der Übereinkunft zwischen Saddam Hussein und Kofi Annan eingetroffen.

In London berichteten gestern die Times und das Boulevardblatt The Sun, Irak habe den Einsatz des Milzbranderregers Anthrax in Großbritannien geplant. Als Quelle gibt die Times britische Geheimdienstkreise an. Diese wiederum seien von „einer Quelle mit Zugang zum Geheimdienst in Bagdad“ informiert worden. Sie habe die Briten bereits vor Weihnachten gewarnt, die irakische Führung wolle den biologischen Kampfstoff als zollfrei Ware getarnt in Schnapsflaschen, Feuerzeugen und als Parfümspray in Länder schmuggeln, die dem Irak feindlich gesonnen seien. Ihr Einsatz sei für den Fall eines Angriffs auf den Irak geplant.

Laut Times wurden am vergangenen Mittwoch einige hochrangige britische Zollbeamte über die Bedrohung informiert. Und auch US-Präsident Bill Clinton soll eine Nachricht erhalten haben. Erst am Montag hätten dann alle britischen Grenzbeamten die Anweisung bekommen, auf „Gegenstände, die gefährliche Substanzen enthalten könnten“, ein Auge zu haben. Besdondere Aufmerksamkeit solle auf „Behälter jeder Größe, die Flüssigkeiten mit spezifischen Eigenschaften enthalten“, gerichtet werden.

Aus dem irakischen Informationsministerium hieß es gestern, die Anschuldigungen seien „dumm und aus der Luft gegriffen“. Großbritannien habe „wieder einmal versucht, die öffentliche Meinung mit ihren gewohnten Lügen irrezuführen“. taud