Rentnerspaß auf norddeutscher See

■ Senioren empört: Erlebnistourismus „Butterfahrt“soll 1999 abgeschafft werden

Butterfahrt auf der Ostsee, das ist noch besser als jedes erstklassige Unterhaltungsprogramm im Seniorenheim. „Zeitvertreib und Vergnügen ist das hier“, lacht Helene Kähler und hat schon wieder ein sauberes Skatblatt auf der Hand. Morgens gab es schon ein kräftiges Frühstück an Bord. Alles zusammen inklusive Bus- und Schiffahrt für sage und schreibe sechs Mark. Und der Mittagsteller kostet auch nur 5,50 Mark.

Helene Kähler leistet sich den Törn mit der „Thor Viking“von der Flensburger Förde rüber ins dänische Apenrade seit Jahren „mindestens einmal monatlich“. Daß damit Mitte nächsten Jahres Schluß sein soll, findet die 74jährige „einfach nur schrecklich“. Und Käthe Mansesen (68) fragt sich: „Was sollen wir Rentner denn machen, wenn es vorbei ist?“

Doch Butterdampferfahrten sind der Brüsseler EU-Kommission ein Dorn im Auge. Sie sollen wie der Duty-Free-Handel in der EU abgeschafft werden. „Damit verschwindet doch ein Erlebnisangebot“, empört sich auch Matrose Dieter Flechinger. Und Harry Heyding kann da nur zustimmen. Auf die Politiker ist der 75jährige nicht besonders gut zu sprechen: „Die Kleinen und Wehrlosen“würden doch wieder für die große Europapolitik geopfert.

Gedrückt auch die Stimmung bei der 30köpfigen Besatzung. Kapitän Werner Heinz tröstet sich nur mit seinem Alter: Er ist 55. Sollte die Kündigung kommen, rechnet er mit Überbrückungsgeld von der Berufsgenossenschaft bis zur normalen Rente. Um die 500 Passagiere hat der Butterdampfer pro großer Tour nach Apenrade an Bord. Zurück sind es ebensoviele, etwa zwei Drittel aus Deutschland, ein Drittel Dänen. „Was kommt, das ist auf gut deutsch gesagt einfach Schitt“, schimpft Kellner Björn Jensen, „es gibt ein riesengroßes soziales Problem.“Und sein dänischer Kollege Per Fleron formuliert es so: „Für uns gibt es wahrscheinlich nur noch Saisonarbeit – und im Winter liegen wir dem Staat auf der Tasche.“

Morgen wollen die Butterfahrer daher im Fährhafen Puttgarden auf Fehmarn für den Fortbestand des steuer- und zollfreien Einzelhandels demonstrieren.

Friedhelm Caspari