Mitwohnen kommt Firmen billiger

■ Das Schmuddel-Image mit Matratzencharme hat sie längst abgelegt: Hamburgs erste Mitwohnzentrale wird 10 Jahre alt

Mit WG-Zimmern fing alles an. Doch das Schmuddel-Image kahler Räume mit Matratzencharme hat die erste Mitwohnzentrale Hamburgs längst abgelegt. Vor zehn Jahren, im März 1988, saß Klaus Schleif noch vor einem Zettelkasten. Heute residiert der 35jährige als Chef von fünf Angestellten und zwei Azubis hinter einem beeindruckend großen, halbkreisförmigen Schreibtisch. Seine Firma, die „HomeCompany“, vermittelt zu fünfzig Prozent ganze Wohnungen und Häuser. Und auch die heutige Kundschaft besteht nicht mehr aus Studierenden. Die finden billiger und leichter was über Zeitungsannoncen, seit sich die Wohnungssituation entspannt hat.

35 Prozent von Schleifs Kunden sind heute Firmen, die für ihre Mitarbeiter (Gastschauspieler etwa oder Monteure) eine Unterkunft suchen. Im Geschäft ist Klaus Schleif zum Beispiel mit dem Thalia Theater, mit Siemens oder dem FC St. Pauli. „Wir haben zum Beispiel den Stürmer Nikolau Pisarev untergebracht, als der vor zwei Jahren anfing.“Mitwohnzentralen „kommen die Firmen einfach billiger als Hotels“, meint Schleif.

Immer öfter werden aber auch Leute bei den Mitwohnzentralen fündig, die eine leere Wohnung auf Dauer suchen. Zwar zahlen sie zusätzlich zur Miete Provisionen, doch auch bei längerer Mietdauer kommen dabei höchstens 150 Prozent des Mietpreises zusammen. „Damit sind wir unter den Maklern unschlagbar“, sagt Frederick Wencke, Chef von „Wencke und Partner“, der zweiten großen und ebenfalls rund zehn Jahre alten Hamburger Mitwohnzentrale. Denn Makler nehmen im allgemeinen zwei Monatsmieten Provision.

Das Angebot der Agenturen ist groß, denn seit 1995 hat sich die Hamburger Wohnungssituation gebessert. Schleif hat ad hoc rund 600 Zimmer und Wohnungen frei. „Aber das, was die Leute suchen, gibt es trotzdem oft nicht“, sagt Frederick Wencke: „Die Preise sind im allgemeinen zu hoch. Es gibt viel Leerstand.“Gerade deshalb könne man heute gelegentlich auch Einfluß auf die Preise nehmen, sagt Klaus Schleif. „Man muß nur auf die Konkurrenzanbieter zu sprechen kommen, dann werden die Leute vernünftig.“

Das war schon mal ganz anders: Nach der Grenzöffnung wollten viele Hamburger ihre Zimmer völlig überteuert über Mitwohnzentralen vermitteln lassen. Die Nachfrage war zehnmal so groß wie das Angebot. „Und ausgerechnet die Szene, die ansonsten gegen Mietwucher protestierte, hat mir die teuersten Zimmer angeboten“, weiß Schleif. „Zum Beispiel ein Zimmer für 500 Mark in einer Zwei-Zimmer-Saga-Wohnung, die insgesamt 500 kostete.“

Auch die Vermieterwünsche waren damals exklusiv: Da hieß es keine Ossis, keine Kinder, Sternzeichen Schütze, Vegetarier – und immer wieder: „Keine Ausländer“. Schleifs Angestellte hätten diese Anbieter oft gern abgelehnt, aber der Chef meinte: „Wir stellen die Kundenwünsche über alles, sonst haben wir das Angebot nicht.“Makler ist eben Makler.

Christine Holch