■ Nachschlag
: "The Black Rider" von Burroughs, Waits & Wilson im Renaissance

Ob sich dies Tom Waits, Robert Wilson und William S. Burroughs hätten träumen lassen, damals, 1990, als in Hamburg ihr „Black Rider“ uraufgeführt wurde? Was dort als avantgardistisches Mammutunternehmen in der allseits bekannten Wilsonschen Bühnenästhetik aus der Taufe gehoben wurde, hat sich inzwischen landauf, landab als neuer Musicalklassiker in den Stadttheatern bewährt.

Im Renaissance-Theater haben sich Ingo Waszerka (Regie) und Dieter Klaß (Bühne) auf die US-Variation des urdeutschen Freischütz-Stoffes eingelassen. Hübsch ist's geworden, zügig und professionell inszeniert, optisch wie musikalisch aus einem Guß, da kann man nicht meckern. Aber irgendwie ist es wie bei diesen Andrew- Lloyd-Webber-Monstern: Allüberall auf dieser Welt schauen Evita und das Phantom ziemlich gleich aus. Und so nehmen auch Waszerka/Klaß heftig Anleihen bei Wilson. Die Darsteller mit weißgeschminkten Gesichtern bewegen sich stilisiert und somnabul-roboterhaft. Die Musiker der „Devil's Darkroom Band“ im Orchestergraben haben zu Teilen schon am Thalia-Theater die schrammelige Melange aus Waits-Sound, Weill und Klezmer geliefert, und die Akteure auf der Bühne singen überraschend gut dazu. Zu Anfang steigen sie aus ihren Gruften, schleichen über die leergeräumte Spielfläche. Gespensterhafte Wesen mit langen dünnen Haaren in Renaissance-Kostümen. Überraschungen gibt es keine, weder gute noch schlechte. Veit Schubert als Conférencier erinnert uns an Riff-Raff aus der „Rocky Horror Show“, die greisen Eltern (Cordula Gerburg und Hannes Granzer) könnten einem Brechtschen Singspiel entsprungen sein. Ilja Richter als hinkfüßiger Teufel wär' gern ein wenig wie Frank'n Furter, erinnert allerdings eher an Pumuckl. So wird die Augen- und Ohrenlust in Maßen befriedigt, und der „Black Rider“ macht für zwei nette Stunden ein bißchen Geisterbahn light. Es sei zugegeben: Die Meßlatte hängt etwas hoch. Wilsons eigener monumentaler Bilder-Reigen ist kaum wiederholbar, und Michael Simons Variation mit monströser Bühnentechnik ist ebenfalls ein Sonderfall. Aber so artig vom Blatt gespielt und durch den schmalen Bühnenkasten derartig beengt hätte es nicht unbedingt sein müssen. Axel Schock

Wieder: 24.-28.3., 20 Uhr, Renaissance-Theater, Knesebeckstr. 100