Schluß für Schlußpunkt

■ 22 Jahre nach dem Putsch hebt Argentiniens Parlament Gesetze zum Schutz der Militärs auf

Berlin (taz) – Exakt zweiundzwanzig Jahre nach dem Militärputsch vom 24. März 1976 hat das argentinische Parlament am Dienstag die zwei Gesetze aufgehoben, die eine Strafverfolgung der Verbrechen der Diktatur unmöglich machen. Das Gesetz über den „Befehlsnotstand“ und das „Schlußpunktgesetz“, die nach dem Ende der Diktatur auf Druck der Militärs verabschiedet worden waren, sind allerdings nicht annulliert, also nicht rückwirkend aufgehoben. An der Straffreiheit von Verantwortlichen für Folter und rund 30.000 „Verschwundene“ wird sich also nichts ändern, kein Militär kommt vor Gericht.

Das Parlament, sagte Oppositionsführer Carlos Alvarez von der linksliberalen Frepaso, habe sich vor den Opfern der Diktatur verneigt. Die regierenden Peronisten stimmten gemeinsam mit der Opposition für die Aufhebung der Gesetze, während draußen 15.000 Menschen protestierten.

Das Schlußpunktgesetz war 1986 verabschiedet worden. Es hatte die Zeitspanne, in der Menschenrechtsverletzungen der Diktatur zur Anzeige gebracht werden konnten, auf zwei Monate begrenzt, danach sollte eben Schluß sein. 1984 kam das Gesetz über den Befehlsnotstand hinzu – im Ergebnis blieben über 1.000 namentlich bekannte, der Folter und des Mordes beschuldigte Militärs bis heute straffrei. 1990 schließlich amnestierte der frischgewählte Präsident Carlos Menem auch noch die Generäle, die der Militärjunta angehört hatten – damit waren die Verbrechen der Diktatur endgültig nicht mehr Gegenstand der juristischen Aufarbeitung.

Jedenfalls nicht in Argentinien. In Frankreich wurde der Fregattenkapitän Alfredo Astiz wegen der Ermordung französischer Staatsangehöriger verurteilt – seither kann Astiz das Land nicht verlassen, weil er international per Haftbefehl gesucht wird. In Spanien ermittelt ein Richter gegen die argentinischen und die chilenischen Militärs wegen Verbrechen gegen spanische Bürger. pkt