Währungshüter winken alle elf Euro-Länder durch

■ Europäisches Währungsinstitut mahnt Bonner Regierung, weil die Gesamtschulden 1997 noch gestiegen sind. Stirnrunzeln über Schulden Belgiens und Italiens

Brüssel/Frankfurt (taz) – Das Europäische Währungsinstitut (EWI) in Frankfurt hat die Stirn gerunzelt, aber dann doch die erwarteten elf Länder zur Währungsunion durchgewunken. Auch die EU- Kommission in Brüssel sieht kein ernsthaftes Problem, den Euro am 1.1. 1999 mit diesen elf EU-Staaten zu beginnen.

Von der endgültigen Entscheidung der 15 Staats- und Regierungschefs der EU am 2.Mai über den Kreis der Euro-Teilnehmer ist nun keine Überraschung mehr zu erwarten. Daß die EU-Kommission die Maastricht-Kriterien zu Schuldenstand und Haushaltsdefizit großzügig auslegen würde, hatte sich seit Monaten abgezeichnet. Um so größere Bedeutung wurde deshalb dem EWI-Bericht beigemessen. Denn die Chefs der 15 Notenbanken, die im EWI-Rat sitzen, gelten als weitaus kritischer gegenüber laxen Haushaltsführungen der Regierungen. Doch ihr Urteil fiel eher milde aus. Alle elf Länder erfüllten die Eintrittsbedingungen, für einen langfristig stabilen Euro seien aber noch entschlossene Sparmaßnahmen nötig. Vor allem Italien und Belgien müßten ihre Staatsverschuldung weiter konsequent abbauen. EWI-Präsident Wim Duisenberg stellte aber klar, daß die beiden Länder nach Auffassung des EWI trotzdem an der Währungsunion teilnehmen könnten. Sie sollten die Mahnung aber ernst nehmen.

Auch die deutsche Regierung wurde vom EWI aufgefordert, bei der Haushaltssanierung einen Gang zuzulegen. Duisenberg erkannte an, daß die deutsche Vereinigung Lasten mit sich gebracht habe, die kein anderes Land bewältigen mußte. Doch Deutschland müsse nun seinen Schuldenberg zügig wieder abbauen. Nach Ansicht des EWI besteht in allen Ländern die Gefahr, daß die Haushaltsdefizite wieder ansteigen. So könne die wachsende Arbeitslosigkeit zu neuen Ausgaben führen. Ein weiteres Problem sei die Überalterung der Gesellschaft, weil dadurch auch die Rentenlasten aus dem Ruder laufen könnten. Angesichts der hohen Schulden einiger EU-Staaten könnten zudem steigende Zinsen die Haushaltspläne durcheinanderbringen. „In den meisten Ländern sind entschlossene und strukturelle Korrekturmaßnahmen erforderlich“, warnt das Europäische Währungsinstitut.

Nach der grundsätzlichen Zustimmung zum planmäßigen Euro-Start durch EU- Kommission und EWI kann jetzt nur noch das Bundesverfassungsgericht den Euro stoppen. Vom Bericht der Deutschen Bundesbank am Freitag ist keine Überraschung zu erwarten, weil Bundesbank- Chef Hans Tietmeyer am EWI-Bericht mitgewirkt hat. Auch Bundestag und Bundesrat werden kaum gegen das Votum von EWI und Bundesbank stimmen, auch wenn etwa der FDP-Politiker Carl-Ludwig Thiele noch Probleme wegen der hohen Schulden Belgiens und Italiens sieht. Ob die Richter des Bundesverfassungsgerichtes an ihren Bedenken gegen die Stabilität des Euro festhalten, ist unsicher. Denn das würde bedeuten, daß sie sowohl der Bundesbank als auch den Notenbankchefs der anderen EU-Länder, die für den EWI-Bericht verantwortlich sind, die geldpolitische Fachkompetenz absprechen. Alois Berger Siehe Seite 9