■ Nachschlag
: Erwartungen unterlaufen: Cornershop im Kesselhaus

Daß die Band um den indischstämmigen Sänger und Songwriter Tjinder Sing die Erwartungen von Fans und Kritikern gern unterläuft, gehört zu ihren Markenzeichen: Da brachte sie schon mal eine Vinylplatte in Currygelb heraus. Da wehrt sie sich trotz massiven Sitar- und Computereinsatzes vehement dagegen, in die Ethno-Ecke abgedrängt oder mit der hippen „Asian Underground“-Clubszene in einen Topf geworfen zu werden. Da erzählt Singh, daß er Indien nur mit Urlaub in Verbindung bringen könne. Und da ziert ihr aktuelles Album ein Folksong, der auch noch „It's good to be on the road back home again“ heißt.

Strapazierten Cornershop bei ihrem letzten Berlin-Besuch im Dezember 97 im Trash die Nerven ihrer Fans, weil sie erst zwei Stunden nach Konzertbeginn auf die Bühne geschlurft kamen, so galt nun plötzlich wieder das beliebte sowjetrussische Sprichwort: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Cornershop wollten im gut gefüllten Kesselhaus den Fußballfans, die sich im Fernsehen noch das Match Brasilien–Deutschland ansehen wollten, nicht mal eine Halbzeit gönnen und begannen ihr Konzert pünktlich, ohne Vorgruppe. Und sie spielten ihren Hit „Brimful of Asha“, der mittlerweile selbst in den allersuperschnellsten Radios Berlins läuft, ziemlich zu Beginn. Sollte wohl heißen: Wir sind zwar Popstars, doch daß uns dieser Song in die Charts und kürzlich in das Vorprogramm der Oasis-Tour durch die USA gespült hat, ist reiner Zufall.

Als Bühnendeko drei Leinwände, auf die etwas projiziert wurde, was heutzutage gern „Videokunst“ heißt: ein bißchen psychedelisch, na klar. Ein bißchen schnell und Pop, noch klarer. Doch die Band spielt unspektakulär und gelangweilt ihren Set herunter, der immer wieder von gesampelten Stimmen vom Band unterbrochen wird. Wenn Cornershop Party sagen, dann meinen sie es auch – so eines ihrer Leitmotive. Haben sie etwas gesagt?

So richtige Partystimmung wollte nicht aufkommen: Vorne bewegte sich pflichtbewußt die Indie-Jugend, hinten stand das Publikum uninspiriert herum und wußte mit sich nichts so recht anzufangen. Erst mit dem Werbesong aus der Icebreaker-Limonadenreklame, „6 a.m. Jullander Share“, ist die Sache klar. Der Song dauert gute zwanzig Minuten – da kann man in Ruhe pinkeln gehen, frische Biere holen und sich über dies und das unterhalten. Dumm nur, daß danach die Spots aus und die Lichter definitiv angingen. Für die zweite Halbzeit und Ronaldos 2:1 sollte es dann auch nicht mehr reichen. Gerrit Bartels