Champagnerlaune nach der Zitterpartie

■ Erleichterung und Stolz in der Koalition und im Senat nach dem Erfolg der Bezirksreform. Grüne und PDS feierten nicht mit

Es war ein riesiger Stein, der der Großen Koalition kurz nach 19 Uhr gestern abend vom Herzen fiel. Mit jubelndem Beifall bei der CDU und verhaltenem Applaus in den Reihen der SPD begrüßte die Parlamentsmehrheit die gelungene Abstimmung zur Bezirksreform, als Parlamentsvizepräsident Reinhard Führer das Ergebnis verkündet hatte. Die Fraktionschefs Klaus Böger (SPD) und Klaus-Rüdiger Landowsky (CDU) eilten zum Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU), um Shakehands zu machen. Auch die SenatorInnen strahlten um die Wette, nur bei Grünen und PDS war die Stimmung gedrückt.

Erleichterung und Stolz ob des geglückten parlamentarischen Kraftaktes waren die Worte der Stunde. Böger erklärte: „Ich bin tief erleichtert. Ich könnte heute auch Bussis verteilen“ – eine Drohung, die er dann doch nicht wahr machte. Landowsky meinte: „Ende gut, alles gut.“ Das abweichende Verhalten der zwei SPD- Abgeordneten wird er sich gut für die nächste Auseinandersetzung in der Koalition aufheben: „Ich bin stolz, wir haben zu dem Ergebnis mit allen unseren Stimmen beigetragen.“

In der Wandelhalle des Parlaments boten die Koalitionäre ein seltenes Bild der Eintracht: Abgeordnete und SenatorInnen plauderten angeregt und glücklich mit ihren KollegInnen und den Journalisten. Die Opposition war nicht zu sehen. Später am Abend hatte die CDU zum Empfang geladen. Intern hatte es von der SPD geheißen: Wir haben die Reform vorangetrieben, dann bezahlt ihr wenigstens das Buffet.

Bis zu Abstimmung dagegen hatte die Koalition noch gezittert. Das Ringen in den eigenen Reihen hatte seinen Tribut auch von Landowsky gefordert. Mit grimmigem Gesicht hatte der starke Mann der CDU den Plenarsaal durchstreift. Während die überall in den Hallen, in den Sälen, im Casino aufgestellten Bildschirme vor wenigen Zuschauern liefen und der erwartete Ansturm der BesucherInnen bis auf Gruppenführungen zunächst ausblieb, hatte der Plenarsaal bereits am Nachmittag vor Spannung vibriert. SPD und CDU dagegen lag das „Jahrhundertwerk“ schwer im Magen. Zwar hatten Sozial- wie ChristdemokratInnen versucht, Zuversicht zu verbreiten, doch meist mißlang diese Bemühung. Während die SozialdemokratInnen sich stets brav in der Nähe des Plenarsaales aufhielten, wanderten anschließend einige CDUlerInnen ins Casino ab.

Doch auch dort war gestern keiner vor Landowsky sicher. Mit der Direktive „Eberhard ist der nächste, kommst du dann rein“ hatte er persönlich seine Schäfchen eingesammelt. Kurz nach 16 Uhr hatten dann die Koalitionsfraktionen Gelegenheit, Dampf abzulassen. Kaum hatte sich Diepgen warm geredet, fiel nämlich die Tonanlage aus. „Die beste Verfassungsreform hindert uns nicht“, sagte Senatssprecher Michael-Andreas Butz, „auch hin und wieder technische Reformen durchzuführen.“ Barbara Junge