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IG Metall: Herbe Schlappe bei STN-Wahl

■ Absolute Mehrheit im Betriebsrat verloren / DAG stellt neuen Chef

Die IG Metall hat bei der Betriebsratswahl bei STN Atlas Elektronik eine herbe Niederlage einstecken müssen. Seit Bestehen des Betriebs hatten die Metall-Gewerkschafter fast durchgängig die absolute Mehrheit – zuletzt 13 zu 10 Stimmen. Jetzt verloren sie entscheidende Sitze gegen die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft (DAG), die bei den Angestellten sogar die meisten Stimmen holte, und gegen eine dritte Liste „Die Unabhängigen“. Die Gewerkschaften stellen in dem verkleinerten Gremium jeweils acht Sitze, drei entfallen auf die außergewerkschaftliche Organisation.

Damit sind die Unabhängigen, die bisher nicht im Betriebsrat saßen, das Zünglein an der Waage, wenn es am 20. April gilt, den neuen Betriebsratsvorsitzenden zu wählen. Aller Wahrscheinlichkeit nach muß der amtierende Chef Manfred Dietze sein Mandat an Manfred Solmersitz von der DAG abgeben. Herbert Schön, erster Listenkandidat der Unabhängigen, will sich in seinem Votum zwar noch nicht festlegen. Er sagt aber, daß er eine liberale Linie bevorzugt. „Und da halte ich die IG Metall für rückständiger.“

Mit einem DAG-Kandidaten wird sich voraussichtlich auch die Mehrheit der IG Metall im Gesamtbetriebsrat, inklusive der Werke außerhalb Bremens, verschieben. Aufgrund der Quotierung der Stimmen in dem Gremium hätte Solmersitz, obwohl er dort unter fünf Mitgliedern der einzige DAG-Vertreter wäre, das alleinige Sagen, heißt es aus dem Betrieb. Ein Trend, der sich sogar bis in den Konzernbetriebsrat der STN-Mutterfirma Rheinmetall hineinziehen könnte. Ob auch die Verteilung der freien Sitze im STN Aufsichtsrat, die in der Regel von Vertretern der Gewerkschaft besetzt werden, von den Veränderungen betroffen sein wird, steht noch nicht fest. Die Wahl findet erst im Mai statt. Zur Zeit ist die IG Metall noch durch Inge Lies-Bohlmann vertreten.

Die Gewerkschaftssekretärin führt die Wahlniederlage vor allem auf den Antritt der Unabhängigen zurück. „Teile der Belegschaft wollten sich offensichtlich nicht mehr gewerkschaftlich organisieren. Das hat uns entscheidende Stimmen gekostet.“Zum anderen führt sie den Einbruch auf die 460 Entlassungen zurück. Dabei sind überproportional viele Beschäftigte aus dem gewerblichen Bereich, klassische IG Metall-Wähler, weggefallen. „Zusätzlich hat man uns alleine den Stellenabbau angekreidet“, beschwert sich Michael Ahlmann, IG Metall-Betriebsrat. „Dabei hat es plumpe Diffamierungen durch die Unabhängigen gegeben. Verheerend hat sich auch die heimliche Allianz der Unabhängigen mit der DAG ausgewirkt.“

Das weist der Unabhängigen-Spitzenkandidat Schön weit von sich: „Wir haben unseren Wahlkampf komplett gegen die Gewerkschaften geführt. Unser Anliegen ist es, einen weiteren Personalabbau zu verhindern. Dabei geht es vor allem auch um die älteren Beschäftigten, die sozial abgesichert werden müssen im Betrieb.“Persönlich kämpft Schön noch für eine weitere Forderung: „Meiner Meinung nach müssen die Mitarbeiter auch von der Dividende, die der Betrieb ausschüttet, profitieren. So ließe sich eine leistungsgerechtere Entlohnung einführen.“

Die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft hat gestern bereits – angesichts des Wahlsiegs – ihre künftige Betriebsratspolitik formuliert. „Wir wollen offene Diskussionen und mit allen im Betriebsrat vertretenen Gruppen zielorientiert zusammenarbeiten. Es gilt dabei, die optimalsten Ergebnisse für die zu vertretenden Arbeitnehmer zu erzielen“, sagte der Bremer DAG-Bezirksleiter Werner Klimm.

Jens Tittmann

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