■ Berliner Gebietsreform: Ein Kraftakt, der ohne Alternative ist
: Im Dutzend billiger

Eine Glanzleistung war das nicht. Sieben Jahre wurde diskutiert, und die hauchdünne Mehrheit von zwei Stimmen zeigt, wie schwer sich Berlin mit der Verwaltungs- und Gebietsreform getan hat. Um so tiefgreifender aber werden die Beschlüsse die Stadt umkrempeln. Berlin soll ab der Jahrtausendwende nur noch aus zwölf Großstädten mit jeweils rund 300.000 Einwohnern bestehen, die mehr Kompetenzen als bisher erhalten. Verkleinert werden zugleich Landesregierung und Parlament.

Die Große Koalition hat damit das größte Reformprojekt seit der Bildung der Einheitsgemeinde Berlin im Jahre 1920 beschlossen – und doch geht es vor allem darum, Geld zu sparen. Die Kritik an dem Projekt ist darum ebenso heftig wie berechtigt. Die bislang 23 Bezirke wurden von der Großen Koalition aus CDU und SPD mit dem klaren Ziel halbiert, möglichst Hochburgen der PDS und der Bündnisgrünen zu schleifen. Viele halten es für kaum machbar, die Verwaltungen der fusionierenden Bezirke zusammenzulegen, Personal abzubauen und zeitgleich eine tiefgreifende Verwaltungsreform durchzuführen, die aus Bürokraten flotte Dienstleister macht.

Doch so quälend mühselig und uninspiriert die Große Koalition regiert – der Stadt bleibt kein anderer Weg als der konsequenter Modernisierung. Nach dem viel zu schnellen Abbau der Berlinförderung durch Bonn hat Berlin in einem unglaublichen Kraftakt begonnen, die Stadt radikal umzubauen. Nirgendwo in der Republik wird in solch einem Umfang Vermögen verkauft oder landeseigene Unternehmen privatisiert – vom Energieerzeuger Bewag bis zum Verkauf der Landesbank. Die Erfolge sind dennoch spärlich. Als Verlierer fühlt sich eine Bevölkerung, die erhebliche Einkommensverluste durch den Abbau der Berlinzulage erlitt und zugleich abgebaute Sozialleistungen, dramatisch steigende Preise für den Nahverkehrssystem und teuere Kindergartenplätze verkraften muß. Trotzdem hat die Stadt immer noch eine immense Verschuldung und Milliardenlöcher im laufenden Haushalt, die nur mit dem weiteren Verkauf von Tafelsilber der Stadt zu stopfen sind.

Die Akteure der Großen Koalition dürfen deshalb nur kurzfristig aufatmen. Eine erneute Schlappe nach der geplatzten Länderfusion mit Brandenburg und der mühevollen Sanierung der bankrotten Landeshaushalts hätte für die von der Bevölkerung ungeliebte Koalition das absehbare Ende bedeutet. Kraftakte aber stehen noch viele an, nicht nur bei der Umsetzung des Reformpakets. Gerd Nowakowski