Der Protest zeigt ersten Erfolg

■ Hoffnungsschimmer für private und konfessionelle Kindergärten: Hauptausschuß des Abgeordnetenhauses will Kürzungen für das dritte Quartal aussetzen. Kinderläden fürchten dennoch Existenzbedrohung durch stei

Ein erster Erfolg der Proteste zeichnet sich für die privatorganisierten Kinderläden ab: Der Hauptausschuß des Abgeordnetenhauses hat beschlossen, die für die Kitas der freien Träger geplanten Kürzungen für das dritte Quartal auszusetzen. Das bedeutet, daß die rund 650 Kinderläden und konfessionellen Einrichtungen von der Jugendsenatsverwaltung bisher nur für April, Mai und Juni insgesamt 100 Mark pro Ganztagsplatz weniger bekommen. Über weitere Quartalskürzungen wird endgültig Anfang Mai entschieden, heißt es in der Jugendverwaltung.

„Wir sind einerseits froh, daß unsere Proteste endlich etwas Erfolg zeigen, andererseits dürfen wir uns von der Politik nicht täuschen lassen“, sagt Elfi Witten, Sprecherin des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtverbandes (DPWV), der viele Kinderläden unter seinen Fittichen hat.

Nach Beschlüssen des Senats sollen in den Kinder- und Schülerläden in diesem Jahr 24 Millionen Mark gekürzt werden. Die Eltern müssen zwölf Monatsbeiträge zahlen, außerdem werden nur noch 21 Öffnungstage im Monat von der Jugendverwaltung mitfinanziert. Das bedeutet, daß in einem Kinderladen mit 20 Plätzen in diesem Jahr ungefähr 9.400 Mark pro Platz fehlen werden.

DPWV-Sprecherin Elfi Witten befürchtet, daß sich das Hin und Her um die Kürzungen „psychologisch“ auf die derzeit laufenden Kinderladen-Anmeldungen auswirken könne. „Viele Eltern sind verunsichert und melden ihre Kinder womöglich dann doch in staatlichen Kitas an“, sagt Witten.

Die bereits laufenden Kürzungen haben in fast allen Kinderläden bereits jetzt zu drastischen Einsparungen geführt. Insbesondere die kleineren Läden sind gefährdet. So beschreibt Helke Kuske die derzeitige Situation ihres Kinderladens „Erdnuckel“ in Prenzlauer Berg mit 13 Kindern als „dramatisch“. „Die Eltern fangen im Moment noch die Kürzungen einigermaßen auf“, sagt die Erzieherin. So bezahlten sogar Eltern, die noch studierten, 200 Mark monatlich pro Kind. Doch weil das „Obermaß“ erreicht sei, will sich der Kinderladen nach neuen Finanzierungsmöglichkeiten umsehen: „Wenn wir nicht bald Sponsoren finden, dann müssen wir zumachen“, sagt Kuske.

Auch im Kinderladen „Pustekuchen“ in Prenzlauer Berg bezahlen die Eltern nicht nur überdurchschnittlich hohe Beiträge, sondern investieren immer mehr Zeit in den Laden, um laufende Kosten zu sparen. Seitdem zum Beispiel die Waschmaschine kaputt gegangen ist, werden Bettwäsche und Handtücher reihum von den Eltern gewaschen. Geputzt wird seit der Gründung sowieso von den Eltern. Auch befürchtet Roland Kern, der die Finanzen von „Pustekuchen“ managt, daß sie aufgrund der prekären Lage zukünftig nicht mehr den Tariflohn für die ErzieherInnen zahlen können, obwohl Kinderläden dazu verpflichtet sind. Kern glaubt, daß die Jugendverwaltung ein „lebhaftes“ Interesse an der Schließung von Kinderläden habe. „Denn dann bekommen die staatlichen Kitas wieder mehr Kinder und die ErzieherInnen im Überhang können beschäftigt werden.“ Doch daran haben viele Eltern im Prenzlauer Berg anscheinend kein Interesse: Auf der Warteliste für den Kinderladen „Pustekuchen“ stehen 30 BewerberInnen. Julia Naumann

Auch für diese Woche sind weitere Protestaktionen geplant: So findet heute um 10 Uhr ein „Eltern-Kind- Ausflug“ zu Jugendsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) statt. Treffpunkt ist um 10 Uhr in der Storkower Str. 133. Morgen veranstaltet die Liga der Wohlfahrtsverbände um 14.30 Uhr eine Protestveranstaltung vor dem Rathaus Schöneberg. Anschließend findet dort um 15 Uhr eine Diskussionsveranstaltung mit PolitikerInnen im Willy-Brandt- Saal statt, für die Kinder wird ein Spielprogramm organisiert.