Neues Amt und schweres Los

Bürgermeister Runde kürt die Gewerkschafterin Karin Roth zur neuen Sozialsenatorin. Einstimmige Zustimmung der SPD  ■ Von Silke Mertins

Ortwin Runde wirkte erleichtert, Karin Roth strahlte und strahlte und strahlte: Als der Erste Bürgermeister gestern abend bekannt gab, daß er die DGB-Nordmark-Chefin als Nachfolgerin der wegen Begünstigungsvorwürfen zurückgetretenen Sozialsenatorin Helgrit Fischer-Menzel in den Senat beruft, wußten die beiden bereits eine breite SPD-Mehrheit hinter sich. Ohne eine Neinstimme unterstützten am Nachmittag Landesvorstand und Fraktion die Wahl des Senatschefs.

Für die öffentliche Vorstellung hatte Runde sich eine illustre Kulisse ausgesucht. Er präsentierte seine neue Senatorin vor dem drei mal fünf Meter großen Ratsherren-Ölschinken im Bürgermeistersaal, der vor einem halben Jahr auch Schauplatz von Henning Voscheraus tränenverziertem Abschied war. „Ich bin erst gestern zu meiner Entscheidung gekommen“, so Runde. Der „Suchprozeß“habe zuvor „weit über die Grenzen Hamburgs hinaus“geführt. Noch bis zum Wochenende galt auch das DAG-Bundesvorstandsmitglied Lutz Freitag als aussichtsreicher Nachfolger der vor vier Wochen über sich selbst gestolperten Fischer-Menzel.

Mit Roth hat Runde sich für eine „externe“Lösung entschieden, die in der seit 20 Jahren von der SPD-Nord geführten Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) für einen Neuanfang stehen soll. Er habe sich für die 49jährige entschieden, weil sie „nicht nur Konzepte entwickelt, sondern sie auch umgesetzt hat“. Roth gehöre außerdem „zu den Frauen, die die öffentliche Diskussion in den letzten Jahren ganz entscheidend mitgeprägt haben“. Daß sie keine Erfahrung im Gesundheitsbereich mitbringe, „ist ein Mangel, der sich bald beheben lassen wird.“

Roth selbst freut sich auf die „spannende und herausfordernde Aufgabe“. Als Schwerpunkt ihrer künftigen Politik bezeichnete sie, „die Menschen, die von Sozialhilfe leben, zu integrieren“. Die für die Hamburger Arbeitsmarktpolitik im Haushalt vorgesehenen 280 Millionen Mark seien „eine Menge Geld“. Vor der Untersuchung der Filzvorwürfe in einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuß (PUA) habe sie keine Angst. „Wenn es mir bange wäre, wäre ich nicht hier.“In jedem Fall müsse „die Handlungsfähigkeit der Behörde wiederhergestellt“werden.

Schon morgen soll Roth von der rot-grünen Mehrheit in der Bürgerschaft gewählt werden. „Frau Roth tritt kein leichtes Erbe an, denn die BAGS gilt als ungelenker Riese mit zweifelhafter Vergangenheit“, kommentierte GAL-Fraktionschefin Antje Möller. Zu einem Neuanfang der „rufgeschädigten Behörde“gehöre aber auch, die Vorwürfe aufzuklären. CDU-Fraktionschef Ole von Beust bezeichnete Roth als „sachlich und fair“. Dennoch sei ein PUA nötig. „In der Behörde liegt der Filz fingerdick.“