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: Trash-Talk-Trash

„Zu Tode gequatscht“, So., 23 Uhr, N 3

Bitte schön, was war das denn?! Mag sein, „Geraldo“, „Maury“, „Sally“ sind die Pilawas, Türcks und Int Veens Amerikas. Nur sind sie älter und professioneller. Denn Trash-Talk hat dort Tradition. (Und mit den TV-Formaten verhält es sich schließlich wie mit der P.C.-Debatte: in den USA ein jahrzehntelanger Diskurs, dienen dessen seltsamste Blüten hierzulande den Correctness-Laien als billige Argumente.)

Und wenn dann eines Tages nach einem gemeinsamen US-Talkshow-Auftritt ein Gast den andern erschießt, ist das Geschrei groß und die Quote auch: Das O.-J.-Simpson-erprobte Court TV überträgt die Gerichtsverhandlung; zwei amerikanische Filmemacher schustern aus Talkshow-Einspielungen und selbstgefälligen Talkmaster-Statements ein miserables Feature zusammen, nennen es „Talked to Death“ – und weit weg im fernen Hamburg/Germany hängt der NDR ein distanziertes „Bilder aus Amerika“ hintendran und glaubt damit wahrscheinlich, ein Stück warnende Medienkritik abgeliefert zu haben.

Allerdings war „Zu Tode gequatscht“ letztlich nicht nur eine „böses, böses (US-)Fernsehen“-Schelte, sondern auch noch jenem „dokumentaristische Aufklärung“ genannten Voyeurismus verpflichtet, wie ihn sich all die „Fahndungs-“ und anderen „Akte“-Formate zur Aufgabe gemacht haben.

Ach, hätten NDR und der verantwortliche Redakteur Michael Kipp-Thomas es doch dabei belassen, den US- Einkauf am 28. Dezember letzen Jahres um 8 Uhr morgens auszustrahlen! Doch die damals knapp 10.000 Zuschauer waren wohl zu wenig, weswegen das norddeutsche Dritte sich und weiteren 90.000 den Bärendienst ein zweites Mal erwies. Christoph Schultheis