Immigranten sollen draußen bleiben

■ CDU-Innensenator Schönbohm plant Zuzugsbeschränkung für Ausländer in Bezirken. Opposition und Türkischer Bund empört

Der Innensenator will jetzt auf ganz alte Rezepte zurückgreifen. Am Dienstag abend erklärte Jörg Schönbohm (CDU) auf einer Innenstadtkonferenz der CDU: Eine Zuzugssperre für ImmigrantInnen in Bezirke mit hohem Ausländeranteil „steht auf der Tagesordnung“. Dieses Verfahren hatte die rot-grüne Koalition 1990 abgeschafft.

„Wir prüfen derzeit verschiedene Modelle“, bestätigte sein Sprecher Thomas Raabe gestern. An verschiedenen Orten ziehe die deutsche Bevölkerung wegen eines hohen Ausländeranteils weg. Durch den Nachzug von Ausländern „drohen Bereiche umzukippen“. Deutsche Mieter würden eine „Überfremdung“ fürchten, sagte Raabe mit ausdrücklichem Hinweis, er mache sich den Ausdruck „Überfremdung“ nicht zu eigen. Dies seien aber Ängste, die ein Politiker ernst nehmen müsse.

Scharf haben Opposition und ImmigrantInnenorganisationen den neuen Vorstoß des Innensenators kritisiert. „Schönbohm beweist“, kommentiert der innenpolitische Sprecher der Bündnisgrünen, Wolfgang Wieland, „daß er sich nur als Inländerbeauftragter versteht“. Eine solche Zuzugssperre, so Wieland, „führt lediglich zu einer Diskriminierung, stempelt ganze Stadtteile ab und löst die bestehenden Integrationsprobleme nicht“. Außerdem stehe sie in Konflikt mit dem Artikel 6 des Grundgesetzes, der den Schutz der Familie regelt. Wieland: „Das ist ein Griff in die Mottenkiste.“

„Fassungslos“ zeigte sich gestern der PDS-Innenpolitiker Freke Over. „Ich dachte, das soll ein schlechter Aprilscherz sein, ich konnte mir einfach nicht vorstellen, daß die Innenverwaltung so etwas auch nur denkt.“

„Auf dem Weg in das 21. Jahrhundert hat es Berlin versäumt, einem offenen Metropolencharakter gerechter zu werden“, kommentierte Emine Demirbüken, die Sprecherin des Türkischen Bundes. „Anstatt die sogenannten Ausländer zum Alltag zu zählen und sie anzunehmen, verfällt Berlin in die Ausländerpolitik der siebziger und achtziger Jahre.“

Während der 80er Jahre gab es schon einmal eine Zuzugssperre. Welches Modell jetzt zur Anwendung komme, wollte Raabe gestern nicht sagen. Einen Prozentsatz von Ausländern für Bezirke festzuschreiben mache aber wenig Sinn. Schließlich wohnten im Neuköllner Ortsteil Britz deutlich weniger Ausländer als im nördlichen Neukölln.

Ob es rechtlich möglich sei, eine Zuzugsverweigerung in bestimmte Bezirke an die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung zu knüpfen, müsse ebenfalls noch geprüft werden. Als Beispiele für Problemgebiete nannte Raabe die Entwicklungen im sogenannten Sozialpalast in Schöneberg oder in Teilen von Kreuzberg. Barbara Junge, Gerd Nowakowski