Am eigenen Zopf zur Reform?

■ Die Hochschulen brauchen mehr institutionelle Autonomie, Reformen müssen an Leistungskriterien gebunden werden

Die Hochschulen müssen derzeit mit gravierenden finanziellen Einschnitten fertig werden, auf der anderen Seite haben sie einen erheblichen Reformbedarf. Die Chancen stehen nicht schlecht, in Zeiten knapper Kassen den Zuwachs an Demokratie und Eigenständigkeit durchsetzen zu können, der nicht zu erreichen war, als der Staat noch mit dem Geldzuwachs die Steuerungsinstrumente in der Hand behalten wollte.

Die Humboldt-Universität hat mit der Neugestaltung ihres Kuratoriums einen ersten Schritt getan, um die Fachaufsicht des Staates auf eine allgemeine Aufsicht zurückzudrängen. Es muß die Neugestaltung der internen Entscheidungsstrukturen folgen. Oberstes Kriterium für die Struktur muß sein, daß mit ihnen ein höheres Maß an Identifikation mit der Hochschule erreicht wird. Grundgesetzlich garantiert ist die Freiheit von Forschung und Lehre. Diese wird oft reduziert auf die individuelle Forschungsfreiheit der einzelnen Personen. Völlig unterentwickelt ist der Gedanke der institutionellen Autonomie, der Verantwortung aller Beteiligten für ein möglichst hochwertiges Angebot an Forschung und Lehre.

Es geht darum, eindeutig die Entscheidungsstrukturen dem Ziel der Qualitätsverbesserung zuzuordnen, dazu gehört, daß alle Angehörigen mit ihren jeweiligen Kompetenzen möglichst viel zu der Gestaltung der gemeinsamen Aufgabe beitragen können, das Lehr- und Forschungsangebot der Hochschulen zu verbessern.

Dies bedeutet auch eindeutige Zuweisung von Verantwortlichkeiten. Dazu kann die Stärkung der Dekane gehören, die einem Fachbereichsrat rechenschaftspflichtig sind. Die Entscheidung über Personal- und Sachmittel gehört in die Fachbereiche. Dazu gehört ein Weisungsrecht gegenüber den Mitgliedern des Fachbereichs, mit dem die Verbindlichkeit in der Wahrnehmung der Aufgaben, vor allem der Lehre, verbessert werden soll. Den Fachbereichen soll die Möglichkeit gegeben werden, eigene Einnahmen zu machen, dazu gehört ein Anreizsystem, das die Einnahmen oder Kosteneinsparungen auch tatsächlich im Fachbereich beläßt.

Reformen müssen an Leistungskriterien gebunden werden. Für die Verteilung der Mittel muß ein Modell entwickelt werden, dessen Kriterien transparent für alle nachvollziehbar sind. Dazu gehören die Zahl von StudienanfängerInnen und AbsolventInnen, Betreuung und Beratung der Studierenden, die Frauenförderung und so weiter.

Hochschulen brauchen eine Verwaltungsreform, die nichtwissenschaftliche Dienstleistungen genauer auf ihre Effektivität hin überprüft. Einsparvorgaben müssen in Bereichen realisiert werden, die keine Studienplätze abbauen. Dazu gehört eine Überprüfung der Studien- und Prüfungsordnungen ebenso wie der Einnahmemöglichkeiten durch verstärktes Engagement in der Weiterbildung und Kostenbeteiligung bei privaten Nutzungen der Hochschuleinrichtungen.

Wer den Zugriff des Staates auf die Hochschulen abwehren will, der muß auch eine eigenständige Verantwortung für die Hochschulentwicklung in der Region und für das Studienangebot übernehmen, das heißt die Hochschulen müssen ihre Planung besser aufeinander abstimmen. Das Beispiel der Planung für die Lehrerbildung in Berlin, die immer noch nicht abgesichert ist, wirkt hier eher abschreckend. Sybille Volkholz

Die Autorin ist bildungspolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen