■ RTL-Bilanz 1997
: Helmut Thoma spricht französisch

Jahrelang thronte Helmut Thoma auf den RTL-Jahresbilanz- Pressekonferenzen buddhagleich auf dem Podium, ließ mit zunehmender Saturiertheit sein „Mir war'n auch im vergangenen Joa wieder Moaktführer“ und präsentierte seine Bilanz der guten Taten.

Gestern war natürlich alles anders. Nicht das mit der Marktführerschaft (mit 16,1 Prozent Marktanteil auch 97 vor der ARD mit 14,7 Prozent) und nicht die Zufriedenheit über die neuerliche Gewinnsteigerung (170 Millionen gegenüber 144 Millionen 1997). Spannend war allein, wie Helmut Thoma auf seiner letzten Bilanz-PK seinen vorzeitigen Rücktritt (resp. sein Rückgetreten-Werden) nach 14 Jahren als RTL-Chef kommentieren würde.

„Die einmalige Erfolgsstory“ des Senders beruhe vor allem auf „Kontinuität und Menschlichkeit“, ließ er vernehmen. Schönes Bonmot für Exegeten. Schließlich hatte sich Thoma für jene „Kontinuität“ in Form seines Ziehsohns und derzeitigen Programmgeschäftsführers Marc Conrad als seinen Nachfolger stark gemacht. Und das mit der „Menschlichkeit“ dürfte auch eine kaum verschleierte Spitze in Richtung der Bertelsmänner hinsichtlich der Umstände seiner Ablösung gewesen sein. Auch wenn Thoma hier irgendwas wie „einvernehmlich“ nachschob, und seinen designierten Nachfolger, ORF-Chef Gerhard Zeiler, in höchsten Tönen lobte. „Schließlich habe ich ihn zu RTL 2 gebracht, als man da noch was mitreden konnte.“ Wieder so eine Spitze gegen jene Senderfamilie (RTL, RTL 2 und Super RTL), die trotz seines Drängens nicht realisiert wurde. Sollte die doch noch zustande kommen, habe er aber keine Lust mehr, ihr Oberhaupt zu werden. Ansonsten werde er seinen Job im RTL-Aufsichtsrat natürlich wahrnehmen, könne sich aber außerdem einen Job beim RTL-Gesellschafter CLT-Ufa in Luxemburg vorstellen. „Ich kenne mich da aus und spreche ja ganz leidlich französisch. Im Gegensatz zu einigen anderen Herren.“ „Im übrigen“, so Thoma, „gibt es diese ewig behauptete Verärgerung zwischen mir und Bertelsmann natürlich überhaupt nicht.“ Natürlich. Reinhard Lüke