Christdemokrat soll Regierung bilden

■ Der rumänische Staatspräsident schlägt Radu Vasile für das Amt des Ministerpräsidenten vor. Er gilt als sehr kompromißbereit

Bukarest (taz) – Rumäniens Staatspräsident Emil Constantinescu hat gestern den Generalsekretär der Christdemokratischen Bauernpartei, Radu Vasile, für das Amt des Ministerpräsidenten nominiert und ihn mit der Regierungsbildung beauftragt. Bis Mitte April muß Vasile ein neues Kabinett aufstellen, ein Regierungsprogramm ausarbeiten und sich dann einer Vertrauensabstimmung im Parlament unterziehen. In der neuen Regierung werden voraussichtlich wie bisher die Christdemokraten, mehrere liberale Parteien, die Demokratische Partei und der Verband der ungarischen Minderheit vertreten sein.

Der 56jährige Historiker und Ökonom Radu Vasile ist einer der bekanntesten Politiker Rumäniens. Für die Christdemokratische Bauernpartei ist er seit 1990 Abgeordneter im Senat, der Oberkammer des Parlaments, seit 1995 Sprecher und Generalsekretär der Partei sowie seit 1994 Vizepräsident des Senates. Nach dem Wahlsieg der demokratischen Opposition 1996 brachte sich Vasile schon einmal als Ministerpräsident ins Gespräch. Sein damaliger Mißerfolg veranlaßte ihn dazu, die Regierung des am Montag zurückgetretenen Ministerpräsidenten Victor Ciorbea von Anfang an öffentlich zu kritisieren.

Vasile gilt in Rumänien als Mann, mit dem Kompromisse selbst in strittigen Fragen möglich sind. Vor allem deshalb äußerten sich gestern in Bukarest alle prominenten Politiker Rumäniens, darunter auch solche extremistischer Oppositionsparteien, anerkennend über seine Person. Eine Regierung unter Vasile verspricht daher weitaus weniger konfliktträchtig zu arbeiten als die Regierung seines Vorgängers. Vor allem die beiden größten Koalitionsparteien, die Bauernpartei und die Demokratische Partei, müssen sich in einer zukünftigen Regierung über das noch ungelöste Problem der Immobilien- und Bodenrückgabe sowie über das umstrittene Gesetz zur Öffnung der Securitate- Akten einigen. Zu diesen Fragen nahm Vasile bisher noch nicht Stellung. Er sagte, seine erste Amtshandlung als Ministerpräsident werde ihn zum Oberhaupt der rumänischen orthodoxen Kirche, zum Patriarchen Teoctist, führen, der eine antiwestliche, rumänozentristische Politik vertritt. Keno Verseck