Recht auf Weiterbildung durchsetzen

■ DGB und SPD fordern Ausbau der vierten Säule der Bildung

Bonn (taz) – Seit 15 Jahren wird die Bildungspolitik auf Bundesebene von der CDU/FDP-Koalition bestimmt. Bei einem Machtwechsel im September möchte die SPD im Weiterbildungssektor neue Akzente setzen. Die Sozialdemokraten diskutierten jetzt mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) neue Konzepte.

Ein „Recht auf Weiterbildung“ fordern der DGB und die SPD- Fraktion, so verlautete es auf einer gemeinsamen Anhörung im Bonner Wasserwerk. In einer gemeinsamen „Plattform Weiterbildung“, die von Regina Görner (DGB), Doris Odendahl (Volkshochschulverband) sowie vom SPD-Bildungspolitiker Franz Thönnes unterzeichnet ist, wird darauf verwiesen, daß es in sechs Bundesländern etwa immer noch keine Bildungsurlaubsgesetze gibt. Obwohl der Deutsche Bildungsrat seit 1970 die Weiterbildung als zentrales bildungspolitisches Thema aufgriff, ist außer lautstarken Appellen wenig geschehen. Der Begriff der Weiterbildung habe zwar Konjunktur, nicht aber die Umsetzung als eigenständiger Bildungsbereich. Hinter der angekündigten „bildungspolitischen Offensive“ verbirgt sich nicht nur die berufliche Weiterbildung, sondern auch die Sicherung von allgemeinem, politischem und kulturellem Wissen.

Ebenso verlangen die Initiatoren der „Plattform“ einen „Wetterwechsel“ im bildungspolitischen Klima. Die Weiterbildung soll als vierte Säule neben Schul- und Berufsbildung sowie dem Hochschulstudium ausgebaut werden. Die „Allianz des Aufbruchs“ fürchtet, daß die Chance auf Bildung immer mehr „von der Gnade der Arbeitgeber“ abhängig sei. In Betrieben müsse die soziale Chancengleichheit gewahrt sein.

Auch außerhalb der Firmen treibe der Weiterbildungssektor manchmal „kuriose Blüten“: So habe sich jeder dritte Hochschulabsolvent in den letzten Jahren beruflich weitergebildet. Bei Beschäftigten mit Hauptschulabschluß sei dies nicht einmal jeder zehnte gewesen. Zusehends seien Frauen deutlich unterrepräsentiert, beklagte Regina Görner. Führungskräfte bekämen in der Regel ihre Lehrgangskosten zurückerstattet. Facharbeiter müßten dagegen einen viel höheren Anteil aus der eigenen Tasche zahlen. Christian Esser