Teherans Bürgermeister festgenommen

■ Gholam Hussein Karbaschi ist ein enger Gefolgsmann des iranischen Präsidenten. Seine politischen Gegner werfen ihm Korruption vor

Berlin (taz) – Die Festnahme des gemäßigten Bürgermeisters von Teheran, Golam Hussein Karbaschi, am vergangenen Samstag hat im Iran für politischen Wirbel gesorgt und wird ein Nachspiel im iranischen Parlament haben. Regierungssprecher Ataollah Mohajerani sagte laut dem britischen Rundfunksender BBC, das Kabinett werde der Angelegenheit Priorität einräumen und eine Erklärung abgeben.

Bei der Festnahme Karbaschis, eines Beraters des neuen iranischen Präsidenten Mohammed Chatami, geht es offiziell um die Veruntreuung von Staatsgeldern. Der Fall ist jedoch zugleich die erste offene Machtprobe zwischen dem Präsidenten und den im Parlament und Justizwesen einflußreichen konservativen Hardlinern.

Karbaschi war von der Anklagebehörde geladen worden, um Erklärungen zu einer Anklage wegen Korruption abzugeben. Als er das Gerichtsgebäude verließ, wurde er von Sicherheitskräften in einem Mercedes in das berüchtigte Evin-Gefängnis gebracht. Die Anklagebehörde gab bekannt, Karbaschi sei „vorübergehend“ in Haft genommen worden. Er kann dreißig Tage lang ohne richterlichen Haftbefehl im Gefängnis festgehalten werden. Der Teil der iranischen Presse, der den Präsidenten unterstützt, warf dem Obersten Richter Ayatollah Mohammed Jazdi vor, den Fall nicht korrekt zu behandeln. Jazdi ist zugleich ein führender konservativer Politiker.

Der 45jährige Karbaschi, der seit neun Jahren Bürgermeister von Theran ist, hatte Chatami während des Wahlkampfes im vergangenen Mai tatkräftig unterstützt. Er gehört inzwischen zu den einflußreichsten Politikern des Landes. Seine politischen Freunde loben sein Engagement für die Umwelt in der 10-Millionen-Metropole und die Gründung zahlreicher kultureller und sozialer Einrichtungen. Seine Gegner werfen ihm autoritäres Auftreten vor.

Das Tauziehen um Karbaschi geht schon sein Monaten. Da offenbar keine Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten Karbaschis vorliegen, hielt sich die Anklagebehörde zunächst an die ihm unterstehenden Bezirksbürgermeister, von denen einige festgenommen und gefoltert wurden. Ihnen wird vorgeworfen, Anordnungen Karbaschis „unkritisch“ befolgt zu haben, ohne die gesetzlichen Regellungen zu beachten. Ein Verfahren gegen den Bürgermeister begann im November letzten Jahres. Gegen eine Zahlung von umgerechnet 2,7 Millionen Mark Kaution blieb er auf freiem Fuß.

In den letzten Monaten wies Karbaschi wiederholt darauf hin, daß der Justizapparat ihn stellvertretend für den Sieg von Chatami zu Fall bringen wolle, um Rache für die Wahlniederlage zu üben. Die Festnahme von Karbaschi bedeutet daher auch einen Autoritätsverlust für Chatami. Der Zeitpunkt der Aktion war zudem so gewählt, daß Innenminister Abdullah Nuri, ebenfalls ein Gefolgsmann Chatamis, gerade außer Landes weilte – auf Pilgerfahrt in Mekka. Das Innenministerium in Teheran veröffentlichte prompt eine Erklärung, es sei bei der festnahme nicht konsultiert worden. Sollte es Chatami und Nuri nicht gelingen, für eine rasche Freilassung Karbaschis zu sorgen, werden die Konservativen bei diesem Sieg nicht stehenbleiben. Kambiz Behbahani