Resolut auf die Straße gesetzt

■ Bremen hat rund 48.000 Arbhofeitslose / 150 von ihnen überreichten den Bremer Arbeitgebern gestern eine Resolution

Frühlingsstimmung in den Landesarbeitsämtern. Saisonbedingt seien die Arbeitslosenzahlen im Monat März gesunken, hieß es gestern aus Bremen und Niedersachsen. Aus dem sonnendurchfluteten Foyer des Bremer Arbeitsamtes aber hörte man die Pfiffe und Trompeten der Arbeitsloseninitiativen bis in den 2.Stock heraufschallen.

Zum dritten Mal traf man sich, um die aktuellen Arbeitslosenzahlen auf eigene Weise zu kommentieren. Dieses Mal aber hielt es die Betroffenen nicht im Arbeitsamt, wo Arbeitsamtsdirektor Christian Hawel die Zahl von rund Bremer 48.000 Arbeitslosen bekanntgab – rund 800 weniger als im Vormonat, aber mehr als im Vorjahr. Rund 150 machten sich mit einem Krach, als wären's die 48.000, auf den Weg zu den Arbeitgeberverbänden in der Schillerstraße.

Unter ihnen die 84jährige Elisabeth de Fries, weil sie sich an ihre Mutterängste erinnert, als der Sohn ohne Arbeit war. Und an das Jahr '33: Wenn sich das wiederhole, klar, „dann rummst das und es geht wieder los mit dem Krieg“. Beim „Bremer Industriehaus“bleibt sie dann in der Sonne stehen. Das Gros der Demonstranten aber schiebt sich mit lautem Tröten durch's schmale Treppenhaus zu den Arbeitgeberverbänden und überreicht dem Vertreter Otto Brauch eine Resolution. Die Forderung: 5.000 neue Arbeitsplätze – spätestens bis zu den Wahlen. Dies nämlich hätten die deutschen Arbeitgeber doch vollmundig erklärt, so Heinz Hüske vom Arbeitskreis Arbeitslose in der IG Metall: 500.000 neue Arbeitsplätze in Deutschland. Und da jeder hundertste Arbeitslose in Bremen wohne, sei diese Forderung nur angemessen. Otto Brauch wollte das wohl nicht unmittelbar einleuchten – zu einer Erklärung war er nicht bereit: „Ich laß mich doch bei so einem Geklingel und Getöse nicht auf Stellungnahmen ein.“Darauf resolut eine Fünfzigjährige: „Freundlich war das auch nicht, als man diese Leute hier auf die Straße setzte“, doch Otto Brauch wollte trotzdem nicht und drohte, die Leute jetzt abermals auf diese Straße zu setzen, wenn sie sich da nicht schleunigst hinbewegen würden.

Zu diesem Zeitpunkt aber hatte sich der Zug schon in Richtung Domshofpassage weiterbewegt, mit der Trikolore vorneweg und ziemlich fröhlich diskutierend, ob die Wut im Bauch durch so eine Demo wohl ein bißchen Luft kriegt. Und auch Heinz Hüsker sprach vom langen Atem und, daß sich – „wie in Frankreich“– nach den Wahlen die Bewegung wahrscheinlich noch vergrößern werde: „Zehn Prozent der 48.000 Arbeitslosen sollten es schon sein“. Mit dabei auch Heinz und Elvis, die hier aber lieber nicht zu Worte kommen, weil sich ihre Arbeits-Chancen sonst noch weiter reduzieren.

Mit „Pro-Test“zog „die neue A-Klasse“so zur Endstation in der Domshofpassage – um Tests, sprich: „Testarbeitsverhältnisse“war es übrigens auch zuvor im Arbeitsamt gegangen. Hier nämlich stellte Mitarbeiter Götz von Einem nochmals das Konzept des Eingliederungsvertrags vor, mit dem Arbeitgeber völlig risikolos Langzeitarbeitslose für ein halbes Jahr testen können. Das gäbe es seit einem Jahr – auf Wunsch der Arbeitgeber – aber nicht ein einziger von ihnen habe es seither wahrgenommen. ritz