Freibrief für Peking

■ Hongkongs zahmes Übergangsparlament beendet seine Arbeit mit einem letzten Kniefall

Hongkong (dpa/taz) – Das umstrittene Übergangsparlament der ehemaligen britischen Kronkolonie hat in der Nacht zu gestern in seiner letzten Sitzung Ausnahmeregelungen für chinesische Organisationen von 17 Hongkonger Gesetzen beschlossen. Mit 42 zu 6 Stimmen billigten die Abgeordneten des nicht gewählten Provisorischen Legislativrats die Regierungsvorlage. Draußen vor dem Gebäude protestierten demokratische Parteien, Menschenrechtsorganisationen und Juristen gegen das Gesetz. Das Gesetz überträgt frühere Privilegien der britischen Krone in Hongkong rückwirkend zum 1. Juli 1997 auf staatliche Einrichtungen Chinas.

Dazu gehören die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua, die in Hongkong als Zentrale der offiziell in der Exkronkolonie nicht existenten Kommunistischen Partei fungiert, die Volksbefreiungsarmee und die Vertretung des Pekinger Außenministeriums. Sie dürfen sich jetzt unter anderem ungestraft über den Datenschutz und andere Gesetze hinwegsetzen. „Dieses Gesetz zieht Hongkongs Rechtssystem den Boden unter den Füßen weg“, sagte der Vorsitzende der Demokratischen Partei, Martin Lee. Die Demokraten werfen dem Übergangsparlament vor, ohne Not die Autonomie der Stadt einzuschränken.

Der Provisorische Legislativrat hatte am 1. Juli 1997, dem Tag der Rückgabe Honkongs an China, das gewählte Parlament abgelöst. Seitdem wurde das von einem chinafreundlichen Komitee ernannte Gremium immer wieder kritisiert. Es verabschiedete strengere Demonstrationsgesetze, schaffte Arbeiterrechte ab und formulierte neue Wahlgesetze, die die Zahl der Wahlberechtigten drastisch reduzierten und chinakritische Parteien behindern. Am 24. Mai wird ein neuer Legislativrat gewählt. Direkt gewählt werden aber nur 20 der 60 Abgeordneten. Über 30 Mandate entscheiden berufsständische Organisationen, zehn Abgeordnete ernennt ein 800köpfiges pro-chinesisches Komitee. han