Landgericht muß Medienrazzien neu aufrollen

■ Bremer Beschwerdeführer waren vor dem Bundesverfassungsgericht erfolgreich

Das Landgericht Bremen muß sich wieder mit den umstrittenen Durchsuchungen bei Bremer Medien im Jahr 1996 beschäftigen. Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfahren, die im Zusammenhang mit der damaligen Suche nach einem vertraulichen Rechnungshofbericht stehen, zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Das Bremer Gericht hatte Beschwerden gegen Durchsuchungen und Beschlagnahmungen in Redaktionen als unzulässig verworfen, weil sie bereits vollzogen worden waren. Wie das Landgericht in einer Mitteilung betont, habe man sich damit im Rahmen der seinerzeit geltenden Rechtssprechung bewegt.

Nach Ansicht des Anwalts der Beschwerdeführer, Axel Adamietz, hat das Bundesverfassungsgericht aber jetzt seine bisherige Rechtssprechung revidiert. Bei einer neuen Verhandlung sieht der Anwalt gute Chancen, daß die Razzien als grundgesetzwidrig bewertet werden. Denn auch die Karlsruher Richter des Ersten Senats hoben die „erheblichen Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Eingriffe“hervor. Auch das Landgericht hatte in der Sache bereits ähnliche Bedenken ausgeführt.

Anlaß der Aktion war die Veröffentlichung eines vertraulichen Berichts des Bremer Landesrechnungshofes über ein Haushaltsdefizit in Höhe von 15 Millionen Mark im Bildungsressort. Betroffen davon waren neben der taz die „Bremer Nachrichten“, der „Weser Kurier“und der „Weser-Report“sowie Radio Bremen. Verfassungsbeschwerde erhoben hatten Radio Bremen, der WK-Journalist Axel Schuller sowie der Verlag Bremer Tageszeitungen AG.

Nach Ansicht der 1. Kammer des Ersten Senats werden die Entscheidungen des Landgerichts vom 4. November 1996 dem verfassungsrechtlichen Maßstab nicht gerecht. Sie verwiesen auf eine Grundsatzentscheidung des Zweiten Senats vom vergangenen Sommer. Danach ist ein wirksamer Rechtsschutz gegen tiefgreifende Grundrechtseingriffe nur dann möglich, wenn die Rechtmäßigkeit solcher Maßnahmen auch nach deren Erledigung überprüft werden kann. Zu solchen Eingriffen zählten auch die Durchsuchung von Wohn- und Geschäftsräumen sowie dort erfolgte Beschlagnahmungen. Bei Medienunternehmen falle dabei zusätzlich der Eingriff in die Presse- oder Rundfunkfreiheit ins Gewicht.

Die Karlsruher Entscheidung wurde vom Deutschen Journalistenverband, der IG Medien, Radio Bremen, der Wählergemeinschaft AfB und der Bremer Rechtsanwaltskammer begrüßt. Die Pressefreiheit, die Unverletzlichkeit der Wohnung und die Rechte Betroffener würden gestärkt. Künftig würde sicherlich sorgfältiger geprüft, ob solche Maßnahmen überhaupt noch angeordnet werden. taz/dpa