Frohe Ostern, rohe Ostern

Der Krieg ist der Vater der Dinge. Auch im Fernsehen findet Erlösung erwartungsgemäß nicht statt  ■ Von Gerd Conradt

Zu dritt stürzen wir uns in das Abenteuer – ungeübt und unter Zeitdruck die Medienseite der Ostertaz zu gestalten. Kennenlernen, Themenvorschläge, Entscheidungen treffen und ran an die Arbeit. Als Ulrich Chaussy von seinem Thema „Keine Story“ spricht, läuten bei mir die Osterglocken: GEWALT! Ja, das ungeklärte Thema. Politische Gewalt, alltägliche Gewalt. Krieg im Heiligen Land Palästina, Krieg in den Hütten und Palästen zwischen Mann und Frau.

Im Plenum fordert Krippendorf: Laßt uns eine Zeitung der positiven Berichterstattung machen. Ja, Ja!

Positiv: Ostern das Fest des Friedens, der Auferstehung, der Versöhnung – der Erlösung.

Kurze Erinnerung: Der 33jährige jüdische Prediger des Friedens und der Liebe, Jesus von Nazareth, wird vor fast 2.000 Jahren zum Tode verurteilt durch Kreuzigung.

Das politische Ostern vor 30 Jahren: Die erfolgreiche Steinigung des Springer-Verlagshauses – welche Befreiung, ein Rausch. Eine positive Nachricht?

Die Frage nach der revolutionären Gewalt wurde in den folgenden Jahren zum beherrschenden Thema.

Gewaltgegner trafen sich zu Ostermärschen in der Friedensbewegung.

Im tiefen Tal zwischen Gewalt und Frieden die Ohn-Mächtigen – zurück zum Thema: Vor dem Fernsehschirm?

Mein selbstgewählter, redaktioneller Auftrag, die Denunziation des österlichen Fernsehprogramms. Eine flinke Untersuchung zum Thema: Was bietet das Heimkino zum Osterfest? Ich habe eine Meinung: Die von Frieden sprechen, schütten täglich Millionen Minuten mit Szenen von Tod, Verderben und Blutrausch über die Menschheit.

Also ich werde die Programmzeitschriften aufschlagen und die Namen ihrer Sendungen zitieren: „Mad Max“, „Der Vollstrecker“, „A Chinese Ghost Story III“, „Satan der Rache“, „Blut auf seiner Haut“, „Independence Day“ ... und schon ist der Beweis erbracht: Fernsehen ist gewalttätig.

Auf 29 Kanälen in immer wieder veränderter Form, oft zur besten Sendezeit Krieg – verpackt als Western, Kriegsdrama, Science-fiction-Story, Heldenepos oder als alltäglicher Krimi. Es gibt Sieger!

Auf Sieger folgen Verlierer. Zu welcher Seite gehöre ich?

Ostern, Medien, Gewalt. Wen interessiert Fernsehen wirklich? Mich! Fernsehen ist mein Arbeitgeber. Positive Nachrichten. Was ist positiv?

Für Christen zu Ostern ist es die Nachricht von der Auferstehung von Jesus, der Überwindung des Todes. Falls es so, wie beschrieben, sich ereignet hat, zweifellos ein gewaltiges Ereignis.

Die Überwindung von Gewalt durch Liebe und Glaube.

Auf Arte sah ich vor einigen Wochen einen Film über den vor dreißig Jahren ermordeten Martin Luther King.

Noch durch den Film spürte ich seine überzeugende Wahrheit: Erfolg durch Gewaltlosigkeit.

Gewalt, Haß, Neid sind natürliche Kräfte im Menschen. Saulus, der Ankläger von Jesus, wurde zum späteren Paulus, dem heftigsten Vertreter der Lehre von Jesus, dadurch, daß er durch seinen Haß auch seine Liebe erfahren hat. Haß und Liebe sind wie die berühmten Seiten einer Medaille.

Eine positive Nachricht ist die, die beide Seiten aufzeigt, wo Verursacher selbst die Verantwortung übernehmen.

Die Umwandlung von Gewalt in Liebe ist das Thema.

Habe ich – realistische – Träume? Eine Fernseh-taz? Warum eigentlich nicht? Mir ist kein Modell bekannt, in dem versucht worden ist, Fernsehen neu zu erfinden. Es dümpeln Versuche wie FAB und Fernsehfenster wie Kanal 4 über unsere Bildschirme. Wäre es nicht schön, wenn in der taz neue Fernsehufer erträumt würden? Ich verstehe das als Aufforderung zur Gestaltung eines Programms, das unsere „Ideale“ widerspiegelt.

Der Autor ist Filmemacher in Berlin