Hennen, ganz handzahm

■ Biographisch und ein bißchen zu brav: Ute Rauwald inszenierte auf Kampnagel „Sechs häßliche Töchter“für die „Jungen Hunde“

„Wie heißt das Stück?“– „Die zehn eifersüchtigen Schwestern oder so.“– „Die zehn was?“Ganz so unrecht hatte das Pärchen im Kampnagel-Kassenhäuschen nicht, auch wenn Zahlen und Fakten der Ordnung halber richtiggestellt werden müssen. Das Stück heißt Sechs häßliche Töchter und ist eine freie Bearbeitung des 1936 entstandenen Dramas Bernarda Albas Haus von Federico Garcia Lorca. Darin treten fünf Schwestern und eine Mutter auf, die ja ihrerseits eine Tochter ist. Deswegen sind es in der Inszenierung eben sechs Töchter, die außerdem des öfteren eine verschwundene Mitschwester erwähnen. Sieben also, und Eifersucht gibt es auch reichlich.

Ute Rauwalds Hamburger Diplominszenierung, die auch zum diesjährigen Regienachwuchswettbewerb der Wiener Festwochen eingeladen ist, wurde von Freitag bis Sonntag im Rahmen der Jungen Hunde auf Kampnagel aufgeführt. Die Regisseurin hatte Lorcas Geschichte, eine „Frauentragödie in den spanischen Dörfern“, mit den Biographien der Darstellerinnen verquickt und zu einer Studie über Geschwisterkonkurrenz und Ausbruchsversuche verarbeitet.

Das muß sehr ordentlich vor sich gegangen sein, wie das Ergebnis zeigt. Sechs junge Frauen, jede mit einem anderen Charakter ausgestattet, erobern hier für sich den Bühnenraum. Erzählen sich und dem Publikum Geschichten, solo oder durcheinander, behacken und trösten sich, singen ihre Lieblingslieder und tanzen Flamenco. Gründlich durchdacht – und doch wirkt das Stück mühevoll wie eine Hausaufgabe in einem mäßig interessanten Schulfach.

Die biographische Komponente sorgt manchmal für Entlastung. Die Frechheit, die junges, engagiertes Theater so sehenswert macht, blitzt auf und siegt, wenn eine der sechs – Lorca hin oder her – in ihrer Rolle wirklich etwas von sich preisgeben darf. Von dem Krampf etwa, immer alles teilen zu müssen, oder vom Leiden an der unüberwindlichen Hackordnung der Kinderspiele. Sprüche wie „Steinigt uns nicht mit schlechten Gedanken, hinterlistiges Weib“wirken in einem solchen Kontext ohne satirischen Beiklang allerdings deplaziert. Hinzu kommt eine überdeutliche Symbolik, die das Mädchenhaus zum Hühnerhaufen oder zum Kuhstall mutieren läßt. Der Phantasie wird da kein Platz gelassen.

Die Ironie siegt erst am Schluß, wenn ein Zauber der Regisseurin die Sechs häßlichen Töchter an ihre Motive fesselt und das Publikum sie mit Applaus erlösen muß. Sonst würden sie heute noch auf der Bühne stehen.

Barbora Paluskova