Südafrika richtet Apartheid-Chef

■ Expräsident P.W. Botha erscheint wegen Mißachtung der Wahrheitskommission vor Gericht. Mögliche Kompromisse schlug er aus - sogar ein Angebot Mandelas, ihn persönlich zu begleiten

George (AFP/rtr) – Dem 82jährigen ehemaligen südafrikanischen Staatschef Pieter Willem Botha wird nach seiner endgültigen Weigerung zur Zusammenarbeit mit der Wahrheitskommission jetzt doch der Prozeß gemacht. Das Verfahren gegen einen der wichtigsten Architekten der Apartheid, das kurz nach der Eröffnung am Dienstag unterbrochen worden war, wurde gestern in der Küstenstadt George mit der Aufrufung der ersten Zeugen wiederaufgenommen.

Auf seinen Stock gestützt und in Begleitung seiner Tochter Elena traf Botha in dem Gerichtsgebäude ein. Beim Betreten des Gerichts sagte Botha: „Selbst wenn sie mich zerstören – meine Seele und meine Überzeugungen können sie nicht zerstören.“

Vor Gericht steht Botha wegen Mißachtung der Wahrheitskommission, die die Menschenrechtsverletzungen der Apartheid-Ära untersucht. Botha war von 1978 an zunächst Ministerpräsident und ab 1984 bis 1989 Staats- und Regierungschef sowie Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Die Wahrheitskommission wollte ihn unter anderem zu seiner Zeit an der Spitze des Nationalen Sicherheitsrates sowie zu Mordanschlägen gegen Regimegegner im Ausland befragen. Wiederholt hat Botha erklärt, er müsse sein Handeln als Präsident nicht erklären, da er einen legitimen Kampf gegen den Kommunismus geführt habe.

Seinen Anwälten und den Vertretern der Kommission ist es nicht gelungen, sich auf Bedingungen zu einigen, unter denen er unter Ausschluß der Öffentlichkeit hätte aussagen können. Dabei war noch versucht worden, die Möglichkeit einer videoaufgezeichneten Anhörung auszuloten. Außerdem hatte Präsident Mandela Botha angeboten, ihn persönlich ins Gerichtsgebäude zu begleiten. Doch die von der Staatsanwaltschaft gesetzte Frist verstrich, ohne daß Botha umgestimmt werden konnte. Botha hat die Kommission als „Zirkus“ bezeichnet und ihr vorgeworfen, sie wolle ihn demütigen. Er ist der einzige Politiker des Apartheid-Regimes, der die Wahrheitskommission auf diese Art und Weise brüskierte.