Zehn Torten zu viel geworfen

■ Mit Batman Forever von Joel Schumacher ist der Totpunkt der Superlativen erreicht

Im zweidimensionalen Kunstraum des Erwachsenenmärchens Batman Forever erschallt alle zwei Sekunden der Ruf nach der Produktionsdesignerin und den Special-Effects-Leuten. Doch dieses Bankett bildlicher Süßigkeiten aus Feuer, Bonbon-Farben, Stadterfindung und morphologischer Phantasie in der höchstmöglichen Dichte von Bewegung und Schnitt macht leider zuckerkrank. Schon die ersten Minuten des erfolgreichsten Filmstarts aller Zeiten plündern die Konditorei des Bilder- und Stunt-Designs in Ausmaßen, die für einen halben Terminator-Film locker gereicht hätten.

Vom Säurebad im Banksafe über den Kampf auf einem fliegenden Hubschrauber bis zu fulminant zerstörerischen Kollisionen mit Flammenmeeren und der Freiheitsstatue findet in dieser Eingangsequenz schon alles Platz, was man nicht zum Erzählen einer Geschichte, aber für den überzüchteten Appetit auf Superlativen braucht.

Ach, ja: Die beiden wichtigsten Nebendarstellerinnen der dritten Batmanfolge sind auch schon da: die scharfe Blondine, die aber denken kann, Dr. Chase Meridian (Nicole Kidman mit perlweiß eingefrorenem Scientologen-Lächeln), und Gotham City, die Stadt, die nur nachts sein darf. Und letzteres tut sie im demiurgischen Rausch entfesselter Designer. Über 60 hochgerüstete Sets, deren Details man auch beim 14. Mal nicht erfassen wird, geben ihren Teil dazu, daß die bildliche Diabetis zur Paralyse führt.

Gegen diese Verwüstung der Psyche durch die Stalinorgel für wandelndes Spielzeug soll eine zur Bedrohung verkitschte Parodie von Psychoproblemen des amerikanischen Mittelstandes helfen. Die Frage, ob und wie Batman Sex haben könnte (oder ob er vielleicht ein Kastrat oder Fetischist ist), wird als Ersatz für die homoerotische TV-Vergangenheit des Duos Batman/Robin als Running Joke eingeführt. Schwule Liebe fürs Volk von 8-80, das geht natürlich nicht.

Selbstverständlich löst sich das von der Psychologin Chase Meridian aufgeworfene erotische Problem (Was hat Batmans Verkleidung mit seinem Libido zu tun, und warum macht sie der Atrappen-Man so geil?) in spießigen Romantismus mit Rosen und Kaminfeuer.

Nicht minder banal-pathologisch ist dann auch die Anlage der Villans in Joel Schumachers Batman-Neuerfindung. Insbesondere die Gut/Böse-Schizophrenie von Two-Face (Tommy Lee Jones) hat so wenig Dämonie, daß man Mitleid bekommt. Aber auch der gekränkte Hypermotoriker The Riddler (Jim Carrey) wirkt mehr wie ein verzogenes Einzelkind auf Koks denn wie ein ernsthafter Gegenspieler für Jim Morrison (Val Kilmer) als New-Age-Gladiator. Da hatten die Bösen in den Tim-Burton-Vorgänger Batman und Batmans Rückkehr (Jack Nicholson, Danny De Vito, Michelle Pfeiffer) so unendlich viel mehr Format.

Und was soll aus einem Batman-Film werden, wenn die Bösewichte wie Klassendeppen in ihren Großmacht-Träumen agieren? Ein Solo für die Präsenz des Geldes. Und das ist es dann auch geworden.

Till Briegleb