■ Sachsen-Anhalts Ministerpräsident fordert Bündnis gegen DVU
: Entzaubern ist wirksamer

Mit drei Millionen Mark haben der Münchener Verleger Frey und seine Partei, die Deutsche Volksunion (DVU), die Politik in Sachsen-Anhalt aufgeschreckt. Aus dem Stand hat es die DVU in den Umfragen auf runde fünf Prozent gebracht. Tendenz steigend. Reflexartig fordert Ministerpräsident Reinhard Höppner nun ein „Bündnis gegen rechts“. Er will die DVU aus dem Landtag heraushalten und so verhindern, daß die Rechten salonfähig werden. Auch die Angst um das Ansehen des Landes dürfte ihn umtreiben. Denn noch immer wird das Image Sachsen-Anhalts bestimmt von Umweltwüsten wie in Bitterfeld, extrem hohen Arbeitslosenquoten und rassistischen Überfällen.

Mit ihrem Wahlkampf trifft die DVU offensichtlich den Nerv vieler Leute im Lande. Sie weist auf Defizite hin, stößt in die Lücken, die alle anderen Parteien entstehen haben lassen. Wenn Höppner sagt, er habe mit der Möglichkeit eines Einzugs der DVU in den Landtag „überhaupt nicht gerechnet“, offenbart er eine schlechte Kenntnis der Stimmung in seinem Land. Daß die Parolen der DVU faschistisch sind – keine Frage. Doch eine breite Front der „etablierten Parteien“ wertet die Rechten auf, sie ist das Beste, was einer Protestpartei passieren kann. Und genau mit diesem Etikett wirbt die DVU für sich. Der Spitzenkandidat erklärt: „Kreuzen Sie die Partei an, über die sich die Herrschenden am meisten ärgern, nämlich die DVU.“ Der Effekt des Bündnisses wird Trotz bei den DVU-Sympathisanten sein, Solidarität mit den vermeintlichen Underdogs. Die Ideologie der DVU wird durch Tabuisieren nicht aus der Welt geschafft. Die Parolen verlangen nach einer Auseinandersetzung, nach Diskussion. Doch gerade die wird durch eine Kampffront verweigert, sie läßt keinen Raum für einen inhaltlichen Diskurs.

Die bisherigen Erfahrungen mit der DVU zeigen, daß sie nach einem Einzug in einen Landtag zunächst vor allem sich selbst schadet. Anders als die „Republikaner“ scheint die DVU nötige Kompetenz für parlamentarische Alltagsarbeit nicht aufbringen zu können. Im schleswig-holsteinischen Landtag zerfiel die Fraktion nach wenigen Monaten an parteiinternem Streit um Geld. In der Bremer Bürgerschaft machte die Partei ebenfalls nur mit Skandalen auf sich aufmerksam und flog bei der folgenden Wahl wieder raus. Bei der DVU scheint also die Strategie zu funktionieren, die einst als Parole gegen die PDS ausgegeben wurde: Entzauberung durch das Einbinden in parlamentarische Strukturen. Toralf Staud