Wenn der Zahnarzt erstmal zuschlägt

■ Was tun, wenn der Zahnarzt die teure Krone favorisiert? Eine Preisagentur und die Verbraucherzentrale geben Auskunft

Der Backenzahn oben links besteht fast nur noch aus Plombe. „Da sollten wir mal eine Teilkrone machen“, sagt Zahnarzt Doktor G. Eine Woche später ist sein Kostenvoranschlag im Briefkasten: 810 Mark. Die Kasse übernimmt davon nur 306 Mark. Vorbei die Zeiten, als sie prozentuale Zuschüsse zahlte. Seit Januar gibt es nur noch einen Festzuschuß.

Also gilt es, einen möglichst preiswerten Zahnarzt zu finden. Günther Fink, früher Moderator beim NDR, heute Produzent, hilft. Er hat die Preisagentur Dental gegründet: „Nur eine kleine Geschäftsidee.“Und die funktioniert so: Fink schickt den Kostenvoranschlag des behandelnden Arztes an rund 30 zufällig ausgewählte Zahnärzte seiner Kartei. Meldet sich einer, der es billiger macht, und nimmt der Patient das Angebot an, so verlangt Fink als Honorar ein Drittel der Kostenersparnis.

Im vorliegenden Fall konnte Fink einen Zahnarzt auftreiben, bei dem die Kosten deutlich niedriger ausfallen. Große Unterschiede gibt's vor allem bei den Laborkosten, nur geringe bei den zahnärztlichen Honoraren, lautet sein erstes Resümee. Doktor W., der ermittelte Arzt, hat Laborkosten, die ein Viertel niedriger sind als die von Doktor G. Doch auch sein Honorar ist 12 Prozent niedriger. Wie das?

„Ich habe nur den 1,7fachen Satz der Gebührenordnung berechnet“, erläutert W., „das ist so üblich bei einer Metallkrone. Der Kollege verlangt den 2,3fachen Satz, das darf er gar nicht.“Stimmt, bestätigt die AOK Hamburg: „Diese Krone ist keine privatärztliche Leistung, bei der der Arzt einen höheren Satz verlangen kann.“Ein Versehen? Oder Absicht? Doktor G. ist es sichtlich peinlich, daß seine Preise hinterfragt werden. Warum er einen überhöhten Satz verlangte? Nun, nuschelt er, das sei grad' so ein Hin und Her mit den Kassen. Aber natürlich werde er nun einen neuen Kostenvoranschlag schreiben.

Heute sind es nicht mehr die Kassen, die den Zahnärzten auf die Finger klopfen. Das müssen die PatientInnen selbst tun. Am besten, indem sie mehrere Kostenvoranschläge einholen. So läßt sich nicht nur herausfinden, ob ein Zahnarzt besonders viel verlangt, sondern auch, ob er eine vielleicht gar nicht nötige Luxusversorgung vorgeschlagen hat. „Wir können nur prüfen, ob ein Zahnarzt horrend über dem Normalen liegt – wir schauen den Patienten ja nicht in den Mund“, sagt die Sprecherin der AOK.

Viele PatientInnen sind von der neuen Regelung so verunsichert, daß sie nur noch zur Schmerzbehandlung gehen, hat Hartmut Stemmann von der Hamburger Zahntechniker-Innung beobachtet. „Ganz alleine dem Zahnarzt gegenüberzutreten, damit ist man ja hoffnungslos überfordert“, sagt Charlotte Henkel von der Hamburger Verbraucherzentrale. Die hat nun einen kleinen Ratgeber herausgegeben: „Zahnersatz oder: des Kaisers neue Kronen“.

Seitenweise gute Tips für PatientInnen. Zum Beispiel, daß ein Kostenvoranschlag immer kostenlos ist, selbst wenn man sich schließlich woanders behandeln läßt. Oder daß der Zahnarzt dazu verpflichtet ist, über verschiedene Modelle des Zahnersatzes zu informieren: von der Verblendung bis zur Krone, von teurer Keramik bis zum preiswerten Kunststoff.

„Zahnärzte nehmen, was sie kriegen können“, seufzt die Verbraucherberaterin. Besonders beliebte Finte: Möchte der Patient eine Metallkrone im hinteren Kieferbereich verblenden lassen, was die Kasse nicht zahlt, berechnet der Arzt ein 2,3faches Honorar für die gesamte Krone, statt nur für die Verblendung. „Das ist rechtswidrig“, sagt Henkel.

So mancher überlegt da, ob er dem ganzen Gezerre entgeht, indem er einfach im Ausland zum Zahnarzt geht. Die Qualität müsse nicht unbedingt schlechter sein, sagen die Krankenkassen. Wenn der Zahnersatz dann aber doch nicht richtig paßt, ist kein hiesiger Zahnarzt zu Nachbesserungen verpflichtet. Er kann die Krone ganz neu machen und dann auch neu berechnen. Nicht zu vergessen: Im Ausland muß der Patient die gesamten Kosten tragen. Denn die deutschen Kassen springen nur bei nicht aufschiebbaren Behandlungen ein.

Es ist schwierig geworden für PatientInnen. Aber es wird noch schwieriger: Ab Ende 1999 wird der Markt für Kronen und Brücken weitgehend freigegeben. Dann ist Schluß mit dem 1,7fachen Honorar. „Dann“, so Henkel, „können die Zahnärzte erst so richtig zuschlagen.“ Christine Holch

Dental: Tel.: 2796113