■ Das Duo des Grauens ist wieder da: Dieter Bohlen und Thomas Anders gehen als Modern Talking auf Welttournee: Megaschwurbeliger Leidproduzent
Dieter Bohlen ist ein Mann, den man nur leicht anzupusten braucht, damit es plopp macht und es aus ihm herausquillt und -quallt und -schäumt und -gurgelt und er nicht mehr aufhört, bevor man ihm nicht rücksichtslos den Saft abdreht beziehungsweise den Stöpsel in die breite Mundöffnung stopft, woraufhin Dieter Bohlen sofort wieder anschwillt und rot wie ein ganzer Rotlichtbezirk anläuft, so daß die Medien und die Illustrierten an ihm in gewisser Weise eine Art notärztlichen Dienst versehen, wenn sie die Verschlußklappe wieder rausziehen, bevor der zur Fülligkeit neigende Dauerschnatterer platzt. „Das ist doch geil!“ schreit Bohlen dann „und wippt im Rhythmus“.
Was für das Kino die Killertomaten sind, nämlich Trash und Horror, das ist Dieter Bohlen in der Welt der Triefmusik. Jetzt hat er sich mit der zweiten Killertomate Thomas Anders zum Duo des Grauens wiedervereinigt, zwei Männer wie in Ohrenschmalz gemeißelt, die Neuauflage von Modern Talking, eine gemeingefährliche kriminelle Vereinigung, die allein mit der Chemokeule „Cheri, Cheri Lady“ einen komatösen Zustand durch den von Dr. med. Henscheid entdeckten „Gehirnschwurbel“ bei Millionen Menschen herbeiführte. Nun hat Sandra Maischberger im Auftrag von Amica erste Hilfe geleistet und dem wie ein leckes Kernkraftwerk strahlenden Super-GAU Erleichterung verschafft. Dabei ist ist ein „megakritischer“ (Bohlen über Bohlen), „megasensibler“ (Bohlen über Bohlen), ein „megagefährdeter“ (Bohlen über Bohlen) Bohlen herausgekommen, der einen „Megastreß“ am Hals hat, denn ohne Mega geht gar nix, weshalb Bohlen unter dem Gattungsbegriff Megabohlen hinfort für all jene stehen soll, die nicht bloß ein einfaches Brett, sondern einen Megabohlen vor dem Kopf haben.
Und nun fragen Sie sich vielleicht: Bohlen ist megakritisch? Und tatsächlich: „Ich war immer schon megakritisch. ,Cheri, Cheri Lady‘ ist das beste Beispiel.“ Könnte es sein, daß Bohlen nicht vielmehr „meta“ statt „mega“ meinte und mit seiner Kritik gleichsam transzendierenden Meinung eigentlich das Gegenteil meint, und zwar egal von was? Das könnte natürlich sein, aber das sind Spitzfindigkeiten.
Daß es so was wie höhere Gerechtigkeit doch gibt, zeigt sich daran, daß der „Gehirnschwurbel“ auch seinen Verursacher befällt. „Wenn ich sage, ich möchte nicht mit einer doofen Frau zusammensein, dann beruht das darauf, daß ich es auch nicht bin.“ Daß er was nicht ist? Eine doofe Frau? Aber wenn er keine doofe Frau ist, was dann? Sätze von dieser bizarren, ja bestechenden Logik, über die man aus Gründen der Ansteckungsgefahr nicht allzu lange grübeln sollte und die man selber nie zustande bringen würde, schüttelt Mr. Megabohlen einfach so aus seinen Megaärmeln: „Ich produziere manchmal das ganze Leid dieser Welt auf mich.“
Und man sieht das Leid förmlich zwischen den geweißten Zähnen seines Vierkantholzlächelns blitzen, während Megabohlen in seinem „megageilen“ Ferrari die „Lang, aber gepflegt muß sie sein“- Frisur im Wind der unendlichen Freiheit flattern läßt. „Aber ich kann auch lustig sein.“ Und ich wette, Bohlen meinte „megalustig“.
„Aus optischen Gründen würde ich natürlich eher Schröder wählen“, verrät Megabohlen, denn beide sehen schließlich aus, als ob sie in der gleichen Klonfabrik zusammengeschraubt worden wären. „Aber wenn Rot-Grün kommt, gehe ich nach Amerika.“ Ein Grund vielleicht, auch als überzeugter Nichtwähler doch einmal ein Kreuz auf dem Wahlzettel zu machen. Aber wahrscheinlich war das wieder bloß so ein Megabluff oder so was in der Richtung. Klaus Bittermann
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