Europarat will Bukarest nicht länger kontrollieren

Gremium schafft Monitoring über die Einhaltung der Menschenrechte in Rumänien ab. ai kritisiert Rechtsverstöße  ■ Von Keno Verseck

Bukarest/Straßburg (taz) – Der Europarat wird die Einhaltung der Menschenrechte in Rumänien künftig nicht mehr im Zuge eines sogenannten Monitoring überwachen. Das hat gestern die öffentliche Versammlung des höchsten zwischenstaatlichen europäischen Menschenrechtsgremiums entschieden, die in dieser Woche in Straßburg tagt. Die Menschenrechtsorganisation amnesty international hat diese Entscheidung scharf kritisiert. Sie veröffentlichte gestern einen Bericht, in dem Rumänien zahlreiche Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden. Die Verantwortung für die Verwirklichung der Menschenrechte in Rumänien liege auch bei der internationalen Gemeinschaft.

Rumänien ist seit 1993 Vollmitglied des Europarates. Eine Reihe von Bedingungen zur Demokratisierung und zur Einhaltung der Menschenrechte, die mit der Europarats-Mitgliedschaft verbunden sind, hat es seitdem noch nicht erfüllt. Vor einem Jahr hatte der Europarat jedoch auf ein Monitoring – regelmäßige Kontrollen einer Europarats-Kommission zur Einhaltung der Menschenrechte – für die Frist von vorerst einem Jahr verzichtet. Denn das Monitoring war in Rumänien selbst immer wieder auf scharfe Kritik gestoßen.

Obwohl in Zukunft kein Monitoring mehr stattfinden wird, hat Rumänien auch nach der Jahresfrist des Europarates noch immer nicht alle Bedingungen seiner Mitgliedschaft erfüllt. So etwa ist Homosexualität im Strafgesetzbuch noch immer ein Straftatbestand, wenn sie ein „öffentliches Ärgernis“ hervorruft, eine Formulierung, die Behörden eine weitreichende Handhabe gegen Homosexuelle gibt. Eine Demilitarisierung der Polizei und anderer Organe der inneren Sicherheit hat Rumänien ebenfalls nicht vorgenommen. Auch Gesetze zur Rückgabe von ehemals durch die Kommunisten enteignetem Besitz müssen noch verabschiedet werden.

Außerdem ist Rumänien seiner Verpflichtung nicht nachgekommen, Kampagnen gegen Rassismus, Xenophobie und Intoleranz staatlich zu fördern. So strahlt das Staatsfernsehen immer wieder rassistische Sendungen gegen Roma aus, obwohl das Minderheitenministerium dagegen protestiert hat. Auch gegen neofaschistische, antisemitische und rassistische Publikationen und Manifestationen in der Öffentlichkeit haben Behörden nichts unternommen.

Amnesty international kritisiert darüber hinaus in seinem Bericht die Willkür der rumänischen Polizei und in Haftvollzugsanstalten. In dem Bericht heißt es, in Rumänien würden die Fälle nicht abreißen, in denen Polizisten und Wachpersonal in Gefängnissen verfassungsmäßig garantierte Rechte verletzen und rumänische Bürger brutal mißhandeln. Gesetzesänderungen im Menschenrechtsbereich hätten in Rumänien bisher nicht zu Veränderungen geführt, die elementare Rechte des einzelnen sichern würden. Der rumänische Ministerpräsident Radu Vasile, der sich am Montag in Straßburg aufhielt, begrüßte demgegenüber die Entscheidung des Europarates.

Radu Vasile sagte, es sei besser, voneinander zu lernen, als daß man sich gegenseitig Lektionen erteile. Rumänien werde die noch ausstehenden Probleme im Menschenrechtsbereich schnell lösen, denn das sei auch Bestandteil des Regierungsprogrammes.