■ Vorschlag
: Panik in der Datenverwaltung: Pere Ubu in der Arena

David Thomas hat sich nicht verändert. Muß er auch nicht, denn in dem Mann steckt so viel Spannung, Anspannung und Chaos, das es zu strukturieren gilt, daß jede wirkliche Abweichung in den Kollaps führen würde. Trotzdem ist „Pennsylvania“, das neue Album von Pere Ubu, eine weitere wichtige Markierung im Gesamtprojekt „Datapanik in the Year Zero“. Das war der Titel seiner multiplen 1996er CD-Box und wird so weitergeschrieben im Jetzt.

Jetzt ist Informationsüberfluß, der bei Pere Ubu weiterhin parallel geordnet wird und nicht unter hierarchische Ausschlußmechanismen fällt. Das macht weniger Punk als vielleicht noch vor zehn Jahren und mehr Anknüpfung an den Sound der Anfänge vor 20 Jahren, als es darum ging, dem Industrial Wasteland einen Klang zu geben. Wie der Mann dann dasitzt und die restlichen Pere-(sic!)-Ubu- Musiker in autoritärem Ton durch die Stücke peitscht, zurückhält, begrenzt und losläßt, ist eine interessante Studie zum Umgang von Männern mit ihren ödipalen Besetzungen (nicht, daß ich daran glauben würde), unterstreicht nur noch mehr ihre Zerrissenheit und gleichzeitige Auflösungs- und Beherrschungssehnsucht.

David Thomas' Stimme, die immer zwischen wimmerndem Keuchen und aufbrechender Dramenartikulation steht, wie die Mischung aus synthetischem weißem Rauschen, Folk, Punk und Pop, sie machen das pure Zuhören schwierig. Nicht umsonst gibt es bei Pere Ubu immer wieder Verweise zum Tanz, der sich bei dieser Musik kaum verwirklichen läßt, und doch der einzige Weg zur Hörbarkeit scheint. Was aber den herbeigeredeten Informations-Overkill, die Unorientierbarkeit angeht, gibt es auch auf „Pennsylvania“ freundliche Hilfestellung. Da ist zum einen das Cover (John Tompson), das den leeren (Daten-)Highway durchs Gebirge fahren läßt, in dessen Mitte rothosige, naive Holzfäller von einem Grizzlybären auf den Baum getrieben werden. Da ist zum anderen die Tatsache, daß es, wie insgesamt bei der Musik von Pere Ubu, um die superernstgemeinte Suche nach Pfaden geht, ohne diese mit der Verbissenheit eines Zieles verbinden zu müssen. Daß der Mann neben der Veranstaltung von Computer-Installations-Events auch noch auf Brian Wilson steht, löst den Noise-Pop-Knoten der Bandmusik.

Daß Pere Ubu in der Arena und nicht in kleinen Avantgarde- Jazz-Läden auftritt, unterstreicht die Tanzbarkeitsabsicht und ist stimmig mit der Datenverwaltungshilfestellung: File under: Popular. Annette Weber

Am 27. April ab 20.30 Uhr in der Arena, Eichenstr. 4, Treptow