Georgischer Atommüll auf dem Weg nach Schottland

■ Britische Regierung versucht sich nach Geheimniskrämerei in Schadensbegrenzung

Shetland-Inseln (taz) – Der britische Außenminister Robin Cook und der schottische Industrieminister Brian Wilson mußten gestern selbst in die jüngste Auseinandersetzung um die umstrittene Wiederaufbereitungsanlage in Dounreay eingreifen: Das Management des Atomkomplexes an der schottischen Nordküste hatte auf öffentlichen Druck hin bestätigt, es befinde sich eine Lieferung von 5 Kilogramm hoch angereichertem Uran aus Georgien auf dem Weg nach Dounreay.

Auf höchster Ebene, so Dounreays Direktor Roy Nelson, sei ein Deal zwischen Großbritannien und Georgien ausgehandelt worden, um zu verhindern, daß waffenfähiges Uran in die Hände von Terroristen und Verbrecher in der politisch unsicheren Region gelange. Brian Wilson fügte hinzu, daß Schottland stolz sein könne, die von dem waffenfähigen Uran ausgehende Bedrohung in etwas zu verwandeln, von dem sein Land profitieren könne.

Doch Atomkraftgegner wie auch eine Reihe von Labourabgeorndeten zeigen sich entsetzt hinsichtlich der Geheimhaltungsstrategien der Regierung. „Dies ist ein schlecht durchdachter und gefährlicher Plan, und es wundert mich gar nicht, daß versucht wurde, ihn geheimzuhalten“, sagte Greenpeace-Sprecher Peter Roche. Anstatt die Probleme um die Weiterverbreitung von waffenfähigem Material mit der notwendigen Sensibilität zu behandeln, wolle die Regierung die Probleme unter Schottlands Teppich kehren.

Dounreay hatte angekündigt, das Uran werde wiederaufbereitet und solle anschließend in Testreaktoren für medizinische Zwecke verwendet werden. Doch Lorraine Mann von Scotland Against Nuclear Dumping (SAND) kritisiert, daß dies nicht die Gefahr der Weiterverbreitung beseitige. Denn das Uran bleibe hoch angereichert und damit waffenfähig.

Um dieses Material endgültig aus dem Verkehr zu ziehen, so die Meinung von Greenpeace und SAND, müsse das Uran in einem sicheren Endlager, beispielsweise in den USA, endgelagert werden. Seit den 80er Jahren versucht die US-Regierung, waffenfähiges Uran sicherzustellen, und gerät damit in offenen Konflikt mit dem Management in Dounreay, für die der Handel mit hoch angereichertem Uran auch weiterhin ein probates Mittel ist, um dringend benötigte Einnahmen zu erzielen. Hans-Jürgen Marter