„Castor oder Merkur“

■ Nach einem 3:3 in Bochum ist KSC-Coach Berger gar nicht nach Wiederaufbereitung

Bochum (taz) – Einen Tag früher als üblich bat VfL-Coach Klaus Toppmöller sein Team nach Castrop-Rauxel ins Trainingslager – zum Elfmeter-Training scheint er dennoch nicht gekommen zu sein. Gegen Stuttgart avancierte Kai Michalke vor Wochenfrist noch zur tragischen Figur, als er kurz vor Schluß beim Spielstand von 0:1 einen Elfmeter verschoß – gegen den Karlsruher SC vergab der VfL wieder einen. Michalke mußte diesmal allerdings noch auf dem Platz unzählige Interviewwünsche befriedigen, bevor er sich in der Fan- Kurve des Ruhrstadions feiern ließ. „Kein Spiel für schwache Nerven“ erlebte nicht nur KSC-Trainer Jörg Berger. Von Abstiegs- Endspiel, Existenzkampf oder Sechs-Punkte-Spiel wurde vor der Partie gesprochen – schließlich wurden gerade einmal zwei Punkte verteilt: 3:3.

Schon das zwischenzeitliche 1:2 reichte, um in den Katakomben eine Atmosphäre entstehen zu lassen, die Toppmöller noch nach dem Spiel erwähnenswert fand: „Man kann sich nicht vorstellen, was für eine Nervenanspannung in der Kabine war.“ Doch zusätzlich hatte Georgi Donkov die Nerven strapaziert und eben jenen Handelfmeter verschossen. „Ich habe in der Bundesliga selber auch drei verschossen“, zeigte sich Toppmöller hinterher milde: „Es ist schon positiv, überhaupt die Verantwortung zu übernehmen.“

„Es geht um die Existenz“, weiß Toppmöller. Beide Mannschaften müssen dies in der jüngeren Vergangenheit bereits schon das eine oder andere Mal gehört haben und spielten entsprechend. Mit einem Untentschieden wollte sich niemand abfinden – bedingungslos wurde der Weg nach vorne gesucht. Nach einem Regis-Paß war Radoslav Gilevicz erst einmal wieder für den KSC dran: 3:2. Häßler und Gilevicz verpaßten die Entscheidung. Und in der 88. Minute erlöste Michalke den zitternden Anhang mit seinem dritten Tor. Aus 20 Meter trug er sich in die Bochumer Annalen ein. Der VfL durfte sich als der heimliche Sieger fühlen, am Mittwoch steht das Nachholspiel gegen Hertha BSC an. „Wir haben am Mittwoch die Möglichkeit nachzulegen“, baut Toppi auf das eine Spiel, das man im Gegensatz zur Konkurrenz noch zusätzlich hat. Betont gereizt reagiert hingegen Berger auf die späte Ansetzung: „Das ist ein Witz – ob Castor oder Merkur.“ Klaus Teichmann

Karlsruher SC: Jentzsch – Wittwer – Reich, Regis – Ritter, Hengen (75. Schepens), Nyarko, Häßler, Keller – Guie-Mien (58. Gilewicz), Schroth (58. Dundee)

Zuschauer: 25.100, Tore: 1:0 Michalke (9.), 1:1 Keller (16.), 1:2 Häßler (43.), 2:2 Michalke (57.), 2:3 Gilewicz (73.), 3:3 Michalke (87.)

VfL Bochum: Ernst – Mamic – Sundermann, Kracht – Dickhaut, Bastürk (71. Buckley), Michalke, Hofmann – Wosz – Peschel, Donkow (46. Közle/62. Schreiber)