Zwangsjacke MAI in den Schrank

MAI-Gegner diskutierten in Bonn, wie das Multilaterale Investitionsabkommen (MAI) noch gestoppt werden könnte. OECD-Minister beraten heute in Paris  ■ Von Peter Sennekamp

Berlin (taz) – Über die „Zwangsjacke für die Nationalstaaten“, wie das Multilaterale Investionsabkommen (MAI) von seinen Gegnern genannt wird, werden heute in Paris über dreißig Minister aus OECD-Mitgliedstaaten beraten. Mit dem MAI, das vom europäischen Parlament mit großer Mehrheit abgelehnt wurde, soll weltweit ein „investorfreundliches Klima“ geschaffen werden. Wie man das Abkommen noch stoppen kann, berieten am Wochenende 550 MAI-Gegner auf einem internationalen Kongreß in Bonn. Viele von ihnen haben sich für heute zu Protestaktionen in Paris angekündigt.

Die Reihen der MAI-Gegner waren bunt gemischt: StudentInnen, ProfessorInnen, Menschenrechtler und UmweltaktivistInnen aus aller Welt strömten in die Uni Bonn. „Wenn das MAI wirtschaftlich so krasse Auswirkungen hat und dann noch geheim verhandelt wird, ist das ein Skandal“, begründete eine Studienanfängerin aus Essen ihre Teilnahme an dem Kongreß. „Langfristigen Widerstand gegen die ausufernde Macht transnationaler Konzerne“ will Tony Clarke, Direktor des kanadischen Polaris Instituts in Ottawa und MAI-Gegner der ersten Stunde, organisieren.

Nicht alle MAI-Gegner waren den Kongreßveranstaltern willkommen. Gleich zu Beginn hatten sich Unterstützer der rechten Szene auf dem Kongreß gezeigt. „Wir lehnen jede chauvinistische Glorifizierung des Nationalstaats ab, wenngleich der Widerstand sich an den Nationalstaat richtet“, machten die Veranstalter um die emeritierte Kölner Soziologieprofessorin Maria Mies klar. Und wenig später, als ein dynamischer junger Mann im Anzug am Mikro die „Leistungsfähigsten aus unserer Gesellschaft zur Führung gegen das MAI“ forderte, flogen die Rechten raus.

In seiner emphatischen Rede warnte Tony Clarke eindringlich: „Wir haben unseren gewählten Regierungen Souveränität übertragen. Doch jetzt wollen die Staaten die ihnen von uns übertragene Souveränität an die transnationalen Konzerne abgeben“, rief er und erhielt langanhaltenden Applaus.

Tatsächlich liest sich das Investitionsabkommen wie ein Offenbarungseid der Regierungen an die multilateralen Unternehmen. So können Unternehmen dank des MAI nationale Regierungen auf Schadensersatz verklagen, wenn Regierungen oder lokale Behörden regionale Wirtschaftszweige fördern. Die Anhebung von Umweltstandards gilt danach als Wettbewerbshemmnis.

Aber nicht nur Umweltschutz, auch „Sozialstandards, die Selbstbestimmung der Länder und Kommunen“, kurz „jeglicher politischer Einfluß auf international zirkulierende Investitionen“ werde mit dem MAI ausgehebelt, warnte Clarke. „Frauenrechte“, so Organisatorin Maria Mies, „werden mit dem MAI nicht mehr einklagbar sein“, da sie den neoliberalen Forderungen des Abkommens entgegenstünden.

Die Sprecherin der Berliner MAI-Arbeitsgruppe, Ulrike Beer, fragte nach den Hintermännern, die das Abkommen vorangetriebgen haben. Doch die Frage, warum Regierungen sich mit dem MAI ihren eigenen Handlungsspielraum abnehmen lassen, blieb unbeantwortet.

Martin Khor, Direktor des Dritte-Welt-Netzwerks, präzisierte: „Das MAI hat viele Vorläufer, die bereits die Gatt-Uruguay-Runde und die WTO-Verhandlungen bestimmten.“ Die EU-Kommission sei der Motor dieser Investitions- Verhandlungen. Ziel sei die Einbindung „des Südens“, um dessen Kapitalein- und ausfuhrkontrollen abzuschaffen. „Doch das beste Beispiel für die katastrophalen Auswirkungen dieser Liberalisierung zeigt sich in Asien. Vor Jahren hat der Internationale Währungsfonds die Kapitalfreiheit eingefordert, jetzt sehen wir die Ergebnisse.“