piwik no script img

Behördlicher Geldsegen

Senat will städtische Gebäude zu Geld machen und Flughafen-Anteile verkaufen, um das Haushaltsloch 1998 zu stopfen  ■ Von Silke Mertins

Trotz aller Sparbemühungen klafft auch im Hamburger 18-Milliarden-Mark-Haushalt für 1998 wieder ein Riesenloch: rund 1,7 Milliarden fehlen. Wurden in den vergangenen Jahren bereits Teile des „Tafelsilbers“, HEW und Landesbank, verscherbelt, um die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben zu schließen, geht es nun ans Eingemachte. Nach Informationen der taz will der Senat die Anteile am Flughafen Fuhlsbüttel und die städtischen Gebäude veräußern.

Der Flughafen-Verkauf bringt schätzungsweise 150 Millionen Mark – ein kleiner Betrag im großen Loch. Der größere Batzen soll durch ein geschicktes Finanzierungsmodell mit Namen „Gebäudemanagement“in Hamburgs Staatskasse fließen. Diese städtische Firma übernimmt nicht nur die Versorgung, Instandhaltung und dergleichen, sondern sie kauft die Gebäude mit Hilfe von Krediten auch auf. Der Erlös fließt ins Haushaltsloch, Behörden, Ämter und andere Institutionen zahlen künftig Miete an das Unternehmen.

Diese Auslagerung der städtischen Gebäude bringt zum einen Kosteneinsparungen bis zu 30 Prozent durch besseres Management. Zum anderen erweitert der Finanzcoup indirekt den Kreditrahmen des Haushalts. Die Stadt darf nämlich eigentlich nur Geld für Investitionen leihen, nicht aber für die laufenden Kosten.

So ist es gestattet, eine neue Straße mit geborgtem Geld zu finanzieren, nicht aber die Sozialhilfekosten. Gründet die Stadt ein „Tochterunternehmen“und nimmt dieses Kredite auf, um dem „Mutterkonzern“deren Gebäude abzukaufen, ist Hamburg wieder flüssig.

Der Senat folgt mit dem „Gebäudemanagement“einer Empfehlung des Rechnungshofes. In dessen vorige Woche vorgestelltem neuen Bericht war die ineffiziente Herumwurschtelei mit den Dienstgebäuden kritisiert worden.

In der Generaldebatte gestern in der Bürgerschaft zum Hamburger Haushalt 1998 spielte dieses Thema noch keine Rolle. Vielmehr gerieten die länglichen Ausführungen zu einem Schlagabtausch um rot-grüne Regierungspolitik. Genüßlich machte sich CDU-Fraktionschef Ole von Beust über den sozialdemokratischen Filz her. „Ich habe Ihnen gleich gesagt“, so von Beust zu Bürgermeister Ortwin Runde (SPD), „trennen Sie sich von den Pfeifen.“

Der Filzfall der Ex-Sozialsenatorin Helgrit Fischer-Menzel habe sich nun selbst erledigt. Schulsenatorin Rosie Raab sei aber noch da, ganz zu schweigen von Innensenator Hartmuth Wrocklage. „Wenn Führungsschwäche und Unfähigkeit einen Namen hätten, dann hießen sie Hartmuth Wrocklage.“Bürgermeister Ortwin Runde nahm in seiner Rede den wegen der millionenschweren Computerpannen in die Kritik geratenen Wrocklage in Schutz. Polizei und Innensenator „haben mein Vertrauen“, so Runde.

GAL-Fraktionschefin Antje Möller zeigte sich etwas enttäuscht, daß man nicht mehr Einfluß auf das bereits begonnene Haushaltsjahr 1998 habe ausüben können. Für die Zukunft erwarte die GAL „schon mehr“. Sie kam zu dem Schluß: „Der Haushalt ist vielleicht der kühle Kopf der rot-grünen Politik, allerdings ist er nicht lebensfähig ohne Herz.“

SPD-Fraktionsvize Walter Zuckerer bedauerte noch die mangelnde Fähigkeit der CDU, zu erkennen, daß die Bonner Koalition an allem, besonders an der finanziellen Misere, schuld sei. Dabei machte er die Drohung wahr, seine „Die-Regierung-muß-weg“-Forderung, wenn's der Sache dient, auch auf Chinesisch vorzutragen: „Ciwai wu renwei mugian tihuan lianbang zhengfu de shike, daole.“(Und im übrigen meine ich, daß diese gegenwärtige Regierung abgewählt gehört – so sei es.“)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen