Wäßriger Auszug aus den Anfängen der Küchentheologie Von Susanne Fischer

Es gibt ihn doch, den kleinen Unterschied! Renommierte Religionswissenschaftler haben ihn in deiner und meiner Küche gefunden, wo auch sonst. Frauen sind haushaltstechnische Atheistinnen: Sie prüfen die Temperatur der Speisen, auch wenn sie genau wissen, wie lange die Mikrowelle eingeschaltet werden mußte. Sie schmecken das Essen ab, ehe sie es servieren, obgleich sie jedesmal eine Prise Salz und zwei Maß Pfeffer plus ein Petersilienblättchen über den Eintopf geben. Sie probieren den Rahm, ehe sie damit ihre Soßen verfeinern, obwohl das Mindesthaltbarkeitsdatum noch sieben Suppentage entfernt vor ihnen liegt.

Männer dagegen, wen wundert's, stellen die gläubige Hälfte der Menschheit. Sie vertrauen dem Kochbuch, auch wenn es von ihnen verlangt, 15 Zitronen an eine Nachspeise für vier Personen zu geben. Was schwarz auf weiß geschrieben steht, kann nicht verkehrt sein; das war ja mit der Bibel auch nicht anders. Sie kochen Nudeln mit Hilfe der kirchlich geprüften Stoppuhrmethode statt nach dem heidnischen Gabeltestsystem. Stundenlang können sie vor einer eingeschalteten, aber kaputten Espressomaschine auf ihren Kaffee warten, ohne irre zu werden. Das beweist neben Festigkeit im Glauben große Ich-Stärke: Die Dinge werden sich ihren Überzeugungen beugen, Erde und Mixgerät ihnen immerdar untertan sein.

Vor allem aber glauben Männer an eins: ans Einweichen. Ja, auch Männer können lernen, zum Beispiel, daß sie nicht dafür geliebt werden, wenn sie ihr dreckiges Geschirr überall in der Wohnung oder im Büro herumstehen lassen. Also tragen sie es schon mal bis in die Küche, denn man hat sie gelehrt, es sei dies mit ihrem Glauben vereinbar, weil die ihnen untertanen Dinge sich in ihrer hohen Gegenwart nicht trauen, selbständig in die Küche zu reisen. Am besten lernen Männer das noch, wenn sie es irgendwo schwarz auf weiß in einem vertrauenswürdigen Medium lesen können, also in einem Kochbuch, einer Bedienungsanleitung, in der Bibel oder der FAZ. In der Küche angekommen, hilft dann aber gar nichts mehr: Sperrangelweit öffnet die Geschirrspülmaschine ihr gieriges Mäulchen. Das schreckt den Mann als solchen ab. Er stapelt Teller, Joghurtschüssel und Kaffeetasse ineinander, fügt das Buttermesser und den Marmeladenlöffel in den Stapel, den er in der Spüle versenkt und mit ein wenig kaltem Wasser überschüttet, bis eine schöne Emulsion aus Fett, Zucker und Brötchenkrümeln alles Geschirr überkrustet. Zufrieden verläßt der Mann die Küche, er hat eine rituelle Säuberung vorgenommen, sozusagen zehn Ave- Maria über seinem Frühstücksgeschirr abgeleistet. Der Rest, das weiß er, geht dann schon von selbst bzw. mit Gottes Hilfe ab.

Und komme mir niemand mit feministischer Theologie und dem weiblichen Gegenkonzept des Geschirrspülens als Wiedergeburt der Reinheit in der Geistin oder wie das heißt. Man braucht sich doch bloß das Wetter anzusehen: Da wird männlich herbe eingeweicht, daß es nur so kracht, bis wir alle mit der Schlammschicht der göttlichen Frühstücksreste überzogen sein werden. Das war ja schon damals bei der Sintflut nicht anders. Und wenn SEINE Frau die Pfützen nicht bald wegwischt, weiß ich nicht, was aus diesem Frühling noch werden soll.